Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Ein Großteil dessen, was an Nachrichtenflut und Übermittlung von Meldungen in unserem Job Tag für Tag bearbeitet wird, basiert auf seriöser Recherche. Das ist gut so. Für Sie als Konsument und für die Leute unseres Berufsstandes als „verbales Transport-Unternehmen“, als so eine Art Nachrichten-Spedition eben. Mitunter aber muss sich auch unsereins an Spekulationen halten, an den sogenannten Flurfunk, an die Gerüchteküche. Da kommen zuweilen die abenteuerlichsten und wilden Geschichten „unter Vorbehalt“ heraus. Manchmal fällt man dabei ziemlich auf die Nase, mitunter aber ist man Wochen oder Monate später auch ein bisschen stolz auf den eigenen Blick in die Glaskugel und klopft sich im übertragenen Sinne selbst auf die Schulter: „Siehste, hab’ ich’s nicht gewusst!“

So ähnlich geht es mir einer Agentur-Meldung, die zu Beginn dieser Woche durch meine Mail-Post geisterte. War das nun inszenierte und gelenkte Polit-Show oder einfach nur mal ein kräftiges „auf den Busch klopfen“, um Reaktionen hervor zu rufen. Jedenfalls überraschte eine Nachrichtenagentur mit der Meldung unter der Überschrift: „Volkswagen hat Formel 1 im Blick.“ Nicht dass man Europas größtem Autobauer, der nichts unversucht lässt, auch weltweit die Nr. 1 zu werden, so etwas nicht zu trauen würde. Sieht man indes das Engagement der Wolfsburger, die im nächsten Jahr in die Rallye-Weltmeisterschaft einsteigen werden, und deren Tochter Audi fundamentale Bedeutung in der weltweit anerkanntesten Tourenwagenserie (DTM) genießt, dann habe ich leichte Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Vermutung.

Zitiert wird in besagter Meldung der Motorsport-Beauftragte des VW-Konzerns, Wolfgang Dürheimer, der der renommierten „Wirtschaftswoche“ sagte, „er wolle dem Vorstand in Kürze ein Motorsport-Konzept vorlegen. Inklusive Formel-1-Konzept.“ Er werde, so wird der Manager zitiert, „noch in diesem Jahr dem Konzernvorstand Vorschläge einbringen, die nicht nur die Rennserien betreffen, die wir heute bedienen.“ Wie immer man das auch deuten mag: Es wird sich wahrscheinlich nicht um eine neu zu installierende Seifenkisten-Rennserie in Papua-Neuguinea handeln.

VW will weltweit wachsen. Von daher muss wohl überlegt sein, wie man die Ressourcen bündelt und die Synergien mit den Töchtern, die in anderen Rennserien aktiv sind, zum Wohle des Gesamtkonzerns einsetzt. Auf dem boomenden US-Markt wird Volkswagen mit einem Formel-1-Engament nicht punkten können. Dort sind Vettel, Hamilton, Alonso und Co. so bekannt und beliebt wie bei uns die Dominatoren halb zivilisierter Stockcar-Rennen. Unter packendem Motorsport versteht man zwischen Florida und Kalifornien, zwischen den Niagarafällen und New Mexico vor allem Nascar oder Indycar. Im nahen und mittleren Osten aber, wo sich auch Formel-1-Guru Bernie Ecclestone permanent neue Haus- und Hofkurse bauen lässt, würde eine solche Inszenierung Sinn machen. Dort könnte VW vor allem im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Toyota, aber auch mit den aufkommenden Südkoreanern, Boden gut machen.

Nun, wie auch immer: Die These ist auf dem Markt. Volkswagen, der Konzern, sein Motorsport-Engagement, seine Produkte, sind damit in aller Munde. In wenigen Wochen beginnt der „große Motorsport“ inklusive Formel 1 wieder, und da kann es den Wolfsburgern nicht schaden, wenn auch sie in der Gerüchteküche schon einmal auf dem Herd stehen und verheißungsvoll vor sich hin brutzeln. Ob am Ende dann wirklich ein Fünf-Gänge-Menü daraus wird oder nur ein angebrannter Pfannenkuchen, der in der grünen Wertstoff-Tonne landet, das weiß derzeit noch kein Mensch. Für Gesprächsstoff ist auf jeden Fall gesorgt. Und das ist das Schlechteste doch auch nicht.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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