Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Haben Sie sich denn – wie alle Jahre wieder – auch richtig auf den heutigen Abend vorbereitet und sind mit Allem ausgerüstet, was zu einer zünftigen Neujahrsnacht-Knallerei gehört? Schließlich sind Sektkorken, Raketen und buntes Feuerwerk unabdinglich, soll das neue Jahr auch möglichst Glück bringend begrüßt werden.

Gehören die bunte und lautstarke Knallerei sowie das organisierte Vernichten von Schampus und ähnlichem spritzenden Hochgewächs schon seit Jahren und Jahrzehnten zum Prozedere, so ist mit Beginn der digitalen Daten-Kommunikation ein neuer Brauch hinzugekommen: Das Übersenden von Kurzmitteilungen, (wahlweise mit und ohne Bilder), das Handy-Telefonieren oder das twittern via Internet. Der Run auf der weltweiten Datenautobahn um Mitternacht ist seit Jahren zum trendigen Hype geworden.

Vergleicht man jedoch die Angaben, die die Telekommunikationsanbieter und die Branchenverbände angeben, dann ist das geballte Gedrängel auf dem Daten-Highway bestenfalls eine „peanut“ im Vergleich zu dem, was permanent 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche auf unseren wirklichen Autobahnen „abgeht“. 310 Millionen Kurzmitteilungen (sms), so der IT-Branchenverband Bitkom, verschicken die Deutschen in der Silvesternacht. Andere rufen ihre Freunde, Bekannte und Verwandte sogar persönlich an, um Glück für das neue Jahr zu wünschen. Sie alle sind zwar auf der Datenautobahn unterwegs, nehmen dort jedoch nur soviel Platz ein wie ein normaler Pkw auf der „richtigen“ Autobahn.

Das richtige Gedränge und der Stau im Netz entstehen erst durch die „Schwerlaster“. Das sind diejenigen, für die die Silvesternacht bestenfalls Grund zu einer ausschweifenden Facebook-Orgie ist oder die gleich ganze Datensätze in Form von Smartphone-Videos auf die Reise schicken. Schätzungen des Branchenriesen Vodafone zufolge werden allein in seine Netze in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar 27 Millionen Megabyte gestopft werden. Zum Vergleich: Das entspricht einem Stau auf Deutschlands längster Nord-Süd-Verbindung, der Autobahn A7, von ca. 550 Kilometern im Vergleich zum üblichen Transfer-Aufkommen.

Deutschlands größter Mobilfunkanbieter Telekom rechnet damit, dass in der ersten Stunde des neuen Jahres in seinem Netz zwölf Millionen SMS verschickt werden. Ich habe mal versucht, das in automobile Werte umzurechnen. Falls ich mich nicht verrechnet haben sollte, ergäbe das bei einem Kostenanteil von 20 Cent pro Kurzmitteilung die Summe von 2,4 Millionen Euro, die sich in knapp 60 Minuten auf dem Daten-Highway auf den Weg von Tante Berta zu Onkel Josef (oder umgekehrt) macht. Das entspricht in etwa einem Wert von 240 Kompaktfahrzeugen (Grundausstattung) der Marke VW Polo oder Opel Corsa, die zwischen null und ein Uhr „versmst“ werden. Beide Fahrzeuge sollen hier natürlich nur stellvertretend für den „Rest“ des Angebotes auf dem Markt stehen. Sollte ich mich dennoch verrechnet haben: Mea culpa! Mein alter Mathe-Lehrer aus den späten 1960er Jahren kann auch heute noch bestätigen, dass ich es nur unter gütiger Mithilfe seiner eigenen Person und trotz penetranter Missachtung des pythagoreischen Lehrsatzes meinerseits zu einer schmeichelhaften vier minus im Abi-Zeugnis geschafft habe.

Was uns diese Quervergleiche auf den beiden Autobahnen sagen sollen? Ganz einfach: Wem dieses Furcht einflößende Gedrängel auf dem Daten-Highway zur Geisterstunde zu viel wird, dem bleibt nur die Flucht nach vorn in den Feldweg der ach so smarten Smartphone-Welt. Licht abstellen, Motor aus. Die Vorzüge der schönen neuen www.Welt und der @-Ära nutzend, wünsche ich Ihnen dennoch einen „guten Rutsch“, einen katerfreien Sonntag sowie ein stau- und unfallfreies 2012. Auf allen Autobahnen, den virtuellen und den wirklichen.

Ihr Jürgen C. Braun

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