Beitragsbild
Foto 1
Foto 2
Foto 3
Foto 4

Was macht ein Autodesigner in seiner Freizeit? Er designt Autos. Und wenn einen die Arbeit an der Modellpflege eines Massenmobils nicht ausfüllt, dann muss es zwischendurch halt mal etwas wirklich besonderes sein. So war es auch bei Stephan Kuehler. Der Enddreißiger ist Designer im europäischen Kia-Studio in Frankfurt, fährt am liebsten Lotus Elise und steht vor allem auf Hotrods. Und als sich vor ein paar Jahren auch noch zum ersten Mal Nachwuchs ankündigte, hatte er plötzlich wieder ein Bobbycar vor Augen. Was lag da näher, als die langweilige Arbeit am Facelift für den Ceed ein wenig aufzupeppen und ein Auto für das Kind im Manne zu bauen? Herausgekommen ist dabei Roddymotion, das mit Abstand coolste Bobbycar der Republik.

Gerade mal einen Meter lang und kaum kniehoch, sieht Roddymotion aus wie eine Kreuzung aus Bobbycar und Hotrod: Die schmale, flache Front schnüffelt am Asphalt wie der Rüssel eines Ameisenbären, das Heck ist hoch und breit wie bei einem Sportwagen, und von der Seite sieht man nicht viel mehr als die gewaltigen Gummis auf ihren verchromten Zwergenfelgen: Vorn duckt sich der Racer für die Westentasche mit 4-Zoll-Felgen auf die Straße, hinten reckt er sich mit 8-Zöllern förmlich in den Himmel.

Die Karosserie ist geformt aus glasfaserverstärktem Kunststoff und wird individuell gestaltet. Wie bei den echten Hotrods soll es am Ende keine zwei identischen Fahrzeuge geben. Deshalb experimentiert Kuehler nicht nur mit verschiedenen Lacken, sondern natürlich auch mit Chrom, Rallyestreifen und den typischen Flammen, die jeden Hotrod zieren. Unter der schmucken Schale steckt wie bei einem modernen Sportwagen ein sogenannter Spaceframe aus Aluminium-Profilen. In diesen Rahmen montiert Kuehler die Technik, die er mit Rücksicht auf den Preis, die Haltbarkeit und den einfachen Service aus dem Kartsport übernimmt: So fährt Roddymotion mit einem 750 Watt starken Elektromotor, der über eine Kette die Hinterachse antriebt und aus Motorrad-Akkus gespeist wird. Die liefern Strom für 90 Minuten Spaß und müssen dann für etwa sechs Stunden an die Steckdose.

Zwar können Autofahrer über die Leistung von umgerechnet gerade einmal einem PS nur lachen. Doch weil der Bonsai-Bolide kaum mehr als einen Zentner wiegt und nur halbwegs schlanke Fahrer aufsteigen dürfen, hat der Stromer buchstäblich leichtes Spiel. Also setzt man sich auf den Wagen wie der Junior aufs Töpfchen, schlingt die Beine ums Lenkrad, stellt die Füße auf die Raste vor dem Kühlergrill und legt die Hände an die beiden Paddel, mit denen man Gas und Bremse bedient. Was danach passiert, ist wie ein Ritt auf der Zeitmaschine. Während Roddy sich in langsam in Bewegung setzt und dann immer schneller auf mehr als 30 km/h beschleunigt, werden alte Säcke wieder junge Hüpfer. Schon nach ein paar Metern hat jeder, aber wirklich jeder ein breites Grinsen im Gesicht und strahlt so glücklich und zufrieden, wie zuletzt als Steppke im Sandkasten.

Rein technisch könnte Kuehler für seinen Roddymotion sogar eine Straßenzulassung beantragen und dann damit auch durch die Städte stromern. Doch auf Stau und Stress hat der Designer gar keine Lust. Das ist für uns ein Gute-Laune-Fahrzeug, das man nur zum Spaß fahren soll, sagt Kuehler und empfiehlt große Parkplätze, Messegelände, Kartbahnen oder andere Strecken im Stadtgebiet. Wir fahren Roddy überall da, wo man sich nicht erwischen lässt – oder sich mit einem Lächeln wieder herausreden kann, schwärmt er von der Entwicklungsarbeit und hat für weitere Distanzen einen einfachen Trick: Weil der elektrische Einsitzer so leicht und handlich ist, passt er bequem in den Kofferraum eines Geländewagens oder für Flugreisen in eine Alu-Transportbox.

Ursprünglich nur eine Schnapsidee für Mittagspause und Feierabend, hat das Bobbycar vom Bodybuilder schon jetzt viel Durchsetzungsvermögen bewiesen. Denn längst ist der kleine Einsitzer kein Einzelstück mehr, das über Supermarktparkplätze und durch Tiefgaragen saust. Sondern mittlerweile ist Kuehler im Nebenberuf Automobilhersteller und bereitet gerade die Serienproduktion des Winzlings vor: Vier Stunden dauert die Montage des kleinen Autos für den großen Spaß, erläutert der Erfinder und ist guter Dinge, dass er gemeinsam mit seiner Frau und ein paar Helfern bis zu 150 Exemplare pro Jahr zusammenschrauben kann. Wenn es mehr werden sollen, müssten wir uns etwas anderes einfallen lassen.

Bislang gibt es vom Roddymotion zwei Prototypen, die es sogar schon ins Bundespresseamt geschafft haben. Wo Kuehler mit den beiden Spielmobilen auftaucht, sieht er in fröhliche Gesichter, und wen er darauf fahren lässt, dem rettet er den Tag. Denn gute Laune ist bei einem Ritt auf dem Roddy garantiert. Allerdings nur, bis Kuehler den Preis nennt: In Eigenregie entwickelt und in Handarbeit mit Teilen von deutschen Zulieferern hergestellt, kostet der Batterie-Boliden in der ersten Serie fast 7.000 und später dann mindestens 6.500 Euro. Da bleibt vielen Testfahrern das Lachen dann doch wieder im Halse stecken.

Text und Fotos: Spot Press Services/Benjamin Bessinger

Scroll to Top