Für den leidenschaftlichen Ingenieur Soichiro Honda stand von Beginn an fest: Die Eroberung Europas musste in Deutschland ihren Anfang nehmen. Denn wer im Heimatland legendärer Motorradmarken und des weltweit ältesten Automobilunternehmens bestehen konnte, dem stand nach Hondas Überzeugung ganz Europa offen. Und so wurde im Juni 1961 in Hamburg die „European Honda Motor Trading Company“ gegründet, die erste europäische Niederlassung eines japanisches Fahrzeugherstellers überhaupt. Anfangs konzentrierte sich Honda auf den Vertrieb von Motorrädern, die bereits ab 1963 aus einem ersten Montagewerk in Belgien geliefert werden konnten. Ein Jahr später erfüllte sich Soichiro Honda, der in den 1930er Jahren als bester Rennfahrer Japans galt, einen persönlichen Traum, der ebenfalls fest mit Deutschland verbunden war: Der erste Honda-Formel-1-Rennwagen startete zum Premierenrennen auf der legendären Nürburgring-Nordschleife. Bis zu der Triumphserie von sechs Konstrukteursweltmeisterschaften in Folge sollte es für das Honda-Formel-1-Team zwar noch 23 Jahre dauern, aber der Grundstein war gelegt, auch für den Importbeginn von Automobilen nach Deutschland.
Mit der winzigen Roadsterstudie S 500, angetrieben von einem Motor, der ähnlich drehfreudig und standfest wie ein Formel-1-Triebwerk war, verblüffte Honda als Weltpremiere auf der IAA 1963 die Fachwelt und mit dem Verkaufsstart des Roadsters S 800 zur IAA 1967 die europäischen Sportwagenenthusiasten. Der Durchbruch zum global bedeutenden Automobilkonzern gelang den Japanern allerdings erst 1972 mit dem Kompaktklassevorreiter Civic. Heute gilt Honda neben Toyota als einer der beiden Pioniere für Automobile mit Hybridantrieb und mit der futuristischen Limousine FCX als weltweit erster Serien-Hersteller für Fahrzeuge mit Brennstoffe. Die Entwicklung immer neuer Antriebstechniken war für den motorsportbegeisterten Soichiro Honda eine große Triebfeder. Auch heute, 20 Jahre nach dem Tod des Unternehmenspatriarchen, sucht Honda nach neuen Formeln für Fahrspaß, zuletzt mit den weltweit ersten Hybrid-Sportcoupés Insight (1999) und CRZ (2010) sowie dem ersten Serien-Brennstoffzellenfahrzeug, dem FCX (2005).
Gegründet hatte Soichiro Honda sein Unternehmen vor 65 Jahren in einer einfachen Holzhütte, die er mit dem ambitionierten Signet „Honda Technical Research Institute“ ausstattete. Zunächst wollte Honda durch Fahrräder mit Hilfsmotor das Nachkriegsjapan motorisieren. Erfolgreich, denn schon 1960 beherrschte Honda die Hälfte des japanischen Motorrad-Binnenmarktes und auch die erste Filiale in den USA florierte bereits. Gut zu sein, war für Soichiro Honda aber nicht genug. Den weitsichtigen Unternehmer und genialen Konstrukteur, der nie ein Examen gemacht oder ein Diplom erworben hatte, trieb es zu neuen Ufern. Im gleichen Jahr, in dem seine Motorräder erstmals auf den weltweit bedeutendsten europäischen Rennstrecken von Sieg zu Sieg stürmten und den WM-Titel errangen, eröffnete Honda in Hamburg eine Niederlassung, von der zunächst alle europäischen Aktivitäten geleitet wurden.
Nur zwei Jahre später, auf der IAA 1963, stellte sich Soichiro Honda dann der versammelten Weltpresse als Automobilproduzent vor. Der Deutschlandvertrieb seiner zunächst präsentierten winzigen Roadster und Kleinwagen startete allerdings erst im Herbst 1967. Während die erschwinglichen, zweisitzigen Sportwagen vom Typ 800 mit ihren hochdrehzahlfesten Motoren schon bei der Messepremiere auf der IAA für ähnlich viel Furore sorgten wie die zeitgleich enthüllte Wankelmotor-Limousine NSU Ro 80, erntete der nur drei Meter messende Kleinwagen Honda N 360 vor allem Hohn und Häme ob seiner mageren Leistungsausbeute und eines stolzen Preises, der mit rund 4.500 Mark das Niveau eines familientauglichen VW Käfers erreichte. „Lärm ohne Leistung“ kommentierte die Fachpresse die über 8.000 Touren entwickelten Honda-Triebwerke. Kein Wunder, dass sich im Startjahr nur 454 Deutsche für den Kauf eines dieser exotischen Honda entschieden. Auch die weltweit erste Vollautomatik in einem Kleinstwagen und die Einführung eines optionalen 0,6-Liter-Aggregats in dem Nippon-Mini konnten daran nichts ändern. Die knapp 2.000 Einheiten, die Honda 1968 absetzen konnte, waren vor allem der magischen Anziehungskraft des kleinen Kraftsportlers S 800 zu verdanken.
„Ein Schritt in eine bessere Zukunft“, wie die Honda-Werbung textete, war letztlich erst der 1973 in Deutschland eingeführte Civic. Nach Experimenten mit Heckmotormodellen und kuriosen Kleinstcoupés wie dem Modell „Z“ war der Civic ein Vorreiter der späteren Golf-Klasse. Schrägheck, Frontantrieb, quer eingebauter Frontmotor in neuartiger CVCC-Magergemisch-Konstruktion zur Schadstoffreduzierung und sportive Fahrleistungen waren die Kennzeichen des kompakten Familienmodells, das allein in seiner ersten Generation bis 1979 über zwei Millionen mal gebaut wurde.
Fahrdynamischer Höhepunkt der Civic-Baureihe war aber das 1983 präsentierte CRX Coupé. Ein Sportwagen auf preiswerter Großserienbasis, der mit einem neuartigen 74 kW/100 PS starken 1,5-Liter-12-Ventiler-Einspritzer mit Schubabschaltung aufwartete. In den leistungsorientierten 1980er Jahren strahlte die Buchstabenkombination CRX besonders auf junge Männer eine ähnliche Anziehungskraft aus wie das Kürzel GTI am Heck des Erzrivalen Golf. Auch in den Zulassungsstatistiken fuhr Honda in Deutschland nun steil nach oben. Nach 37.000 Einheiten zur Mitte des Jahrzehnts wurde in der Folge der deutschen Wiedervereinigung der Allzeit-Bestwert von knapp 70.000 Zulassungen erzielt.
Den Sitz der Importzentrale hatten die Japaner bereits 1974 nach Offenbach verlegt. Zugleich wurde dort ein neues Teilelager errichtet, das auch die abenteuerlichen Ersatzteiltransporte der Anfangsjahre endgültig überflüssig machte. Bis dahin verlief der Hauptversorgungsweg aus Japan über die Transsibirische Eisenbahn quer durch die ehemalige Sowjetunion nach Moskau und von dort per Lastwagen in ein Lager nach Rumpenheim bei Offenbachbr>
Kurz nach dem Start im neuen Offenbacher Hauptquartier startete Honda die erste ernsthafte Offensive in der Mittelklasse. Mit dem Ende 1976 präsentierten Accord zielten die Japaner auf deutsche Platzhirsche wie VW Passat und Opel Rekord. Tatsächlich fühlte sich Opel vom neuen Accord und dessen vermeintlicher Namensnähe zum Rekord so provoziert, dass ein Rüsselsheimer Veto den Verkaufsstart des neuen japanischen Hoffnungsträgers nur unter der vorläufigen Bezeichnung Honda 1600 ermöglichte. Letztlich aber eine überflüssige Verzögerungstaktik der General-Motors-Tochter, denn der Accord wurde als erster Japaner überhaupt außerhalb seiner Heimat produziert. Die Werke in Japan, den USA und in Großbritannien konnten die Nachfrage nach dem Weltauto kaum befriedigen.
Ab 1989 wurde der Accord meistverkaufter Pkw in den USA und in Deutschland hinderte allein der Erzrivale Mazda 626 den Accord an einem Abonnement auf die Pole Position in der Importzulassungswertung. Eine Erfolgsgeschichte, an die der aktuelle Accord nicht mehr anknüpfen kann, zu schwierig ist heute die Situation für alle Importeure in der vom Flottengeschäft bestimmten Mittelklasse. Allerdings fehlt es dem Accord heute auch an technischen Innovationen, mit denen Honda in den gehobenen Klassen einst global Geschichte schrieb: Dazu zählen Techniken wie elektronisch programmierte Einspritzung mit Schubabschaltung (Accord, 1985), Allradlenkung (Prelude, ab 1987), Fahrer- und Beifahrerairbag und Gurtstraffer (Legend, ab 1990), Aluminum-Monocoque und Aluminium-Karosserie (NSX, 1990) und das intelligente Nachtsichtgerät (Legend, 2004).
Dafür besannen sich die Japaner auf ihre Wurzeln mit kleinen Hochleistungssportlern und präsentierten 1999 mit dem Insight das erste kompakte Sportcoupé mit Hybridantrieb. Auch der moderne Nachfolger der traditionsreichen CRX-Sportler startete 2010 unter dem Buchstabenlogo CRZ als Hybrid-Sportcoupé. Flankiert wurde diese Hybridoffensive durch die Civic Stufenhecklimousine (ab 2001) und den Kleinwagen Jazz (ab 2010). Noch nicht in Deutschland angeboten wird allerdings die futuristische Limousine FCX Clarity mit Brennstoffzellenantrieb. Vorerst beschränkt sich die Praxiserprobung des FCX auf Privatleasingprogramme in Japan und Nordamerika.
Auch der Jazz mit Batterieantrieb startet 2012 zunächst auf diesen Märkten, bevor er in den Schauräumen der deutschen Honda-Händler Premiere feiern soll. Viele neue technische Formeln für Fahrspaß also, die Honda ganz im Sinne seines Unternehmensgründers passend zum 50. Jubiläum in Deutschland und Europa bereithält. Vielleicht gelingt es den Japanern so auch, aus einem anhaltenden Absatztief zu fahren, das 2010 hierzulande fast alle Honda-Modellreihen erfasste. Ganz gestrichen wurden sogar die anspruchsvolle Limousine Legend und der sportliche Imageträger Civic Type R. Einen sportlichen Sprung nach vorn verspricht erst wieder die nächste Civic-Generation, die im kommenden September auf der Frankfurter IAA im Rampenlicht steht.
Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv, Honda, SPS