55 Jahre Volkswagen of America

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At home in America – daheim in Amerika – lautet das Motto der Geburtstagskampagne zum 55sten, mit der VW wieder mehr als bisher vor allem gegen die asiatischen Wettbewerber punkten möchte. Spätestens 2018 will der Konzern in den USA jährlich über 800.000 Volkswagen verkaufen, da können die für 2010 aus dem Hauptquartier in Herndon, Virginia, gemeldeten rund 257.000 Einheiten und die für 2011 anvisierten 300.000 Zulassungen nur ein Anfang sein.

Zu Hause in Amerika war bereits vor 55 Jahren das Erfolgsrezept, mit dem die Wolfsburger in der Neuen Welt Fuß fassten und sich gegen die damals noch vier großen einheimischen Konzerne, aber auch gegen alle europäischen Importeure durchsetzten. Die ersten Käfer wurden ab 1949 durch den legendären niederländischen Automobilhändler Ben Pon in die USA verschifft und bereits vier Jahre später fuhr die damals beachtliche Zahl von 1.214 Volkswagen auf Straßen der Neuen Welt. Weitere Verkaufssteigerungen schienen allerdings nicht mehr möglich, denn die meisten Amerikaner waren skeptisch gegenüber den fremdartigen, kleinen Importfahrzeugen. Wie die damals in den USA bereits relativ populären englischen Sportwagen galten auch alle anderen Importwagen als Luxusartikel mit unkalkulierbarer Ersatzteilversorgung. So setzte VW auf ein eigenes Tochterunternehmen, das als Volkswagen of America, Inc. in New York City im April 1955 an den Start ging und ein solides Händler- und Kundendienstnetz aufbaute, ehe Volkswagen 1978 als erster Importeur seit den zwanziger Jahren ein eigenes Werk in den USA eröffnete. Eine Erfolgsstrategie, die bereits Henry Ford beim Angriff auf den deutschen Markt verfolgt hatte als er 1925 in Berlin ein Tochterunternehmen gründete. Volkswagen of America hatte mit einem eigenen Vertriebsnetz und den damals als sportlich, sparsam und zuverlässig eingeschätzten Käfer-Modellen ebenfalls die beste Basis, um gegen die einheimischen Hersteller zu bestehen. Hinzu kam der Transporter T1, der als Microbus damals eine Alleinstellung am Markt besaß. So trotzte Wolfsburg Krisen des Gesamtmarktes ebenso wie Angriffen europäischer Rivalen – 1959 lag die Renault Dauphine kurzzeitig vor dem Beetle – und amerikanischer Compacts, mit denen Detroit ab 1960 antwortete.

Am 18. Oktober 1962 konnte Volkswagen gleich zwei Ereignisse feiern: Der einmillionste VW wurde an einen amerikanischen Kunden übergeben und die neue Konzernzentrale in Englewood Cliffs, New Jersey, eröffnet. Mittlerweile genoss der Beetle bereits Kultstatus und avancierte fast zu einem Selbstläufer gegen den nicht einmal die neuen Wettbewerber aus Japan ernsthafte Erfolge erzielen konnten. 1970 eroberten die Wolfsburger sensationelle sieben Prozent Marktanteil in den USA, bis heute ein Bestwert für einen Importeur. Dann folgten stürmische Zeiten – die Heckmotorära ging unwiderruflich zu Ende.

Während in Europa der Golf als Käfer-Nachfolger für eine milde Strömung in den Zulassungszahlen sorgte und Passat und Scirocco frische Winde wehen ließen, blies der amerikanischen VW-Tochter ein wahrer Hurricane ins Gesicht. Der Golf wurde unter der Bezeichnung Rabbit zwar als revolutionäres Hatchback-Compact-Car gefeiert, konnte aber dennoch nicht an die Erfolge und die Alleinstellung des Käfers anknüpfen. Zu schnell folgten andere kompakte Schräghecklimousinen aus Fernost und sogar aus Detroit. Nicht einmal das in New Stanton, Pennsylvania, eröffnete erste amerikanische VW-Werk brachte Volkswagen in ruhigeres Fahrwasser. Nur zehn Jahre später musste die Fertigungsanlage wieder geschlossen werden, die mangelhafte Integration des Werks ins Umland und eine problematische Modellpolitik machten dies notwendig. Einzelne Erfolgsmodelle wie der Volkswagen Jetta, der Transporter Vanagon, und das Golf-Rabbit Cabrio konnten daran nichts Grundsätzliches ändern. Allerdings waren sie erste Vorboten für einen Wind der Veränderung, der ab 1990 dazu führte, dass die Wolfsburger immer mehr speziell für amerikanische Kundenwünsche konzipierte Modelle lancierten. Anlässlich des 50. Jubiläums des ersten Käferimports konstatierte VW zufrieden, dass Jetta mittlerweile der populärste europäische Modellname in Nordamerika sei und der New Beetle als Retromodell für Furore sorgte.

Richtigen Rückenwind bekam Volkswagen of America jedoch erst unter dem heutigen Konzernchef Martin Winterkorn und dem vormaligen Nordamerika-Chef Stefan Jacoby. Wie einst sollte Volkswagen künftig wieder zu einer Marke für die breite Masse werden, so das erklärte Ziel der Manager. Daran will auch Jonathan Browning festhalten, der seit letztem Herbst Präsident der Volkswagen Group of America ist. Zur neuen Erfolgsstrategie zählt das Werk in Chattanooga, aus dem der Passat-Nachfolger New-Midsize-Sedan als erstes eigenständiges Modell auf Konzernplattform von Volkswagen America rollt.

Die Zahl der Mitarbeiter bei VW America wird 2011 um 2.000 auf dann über 5.000 Beschäftigte wachsen. Rund 40.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze bei den 800 VW-Händlern und den Zulieferern sollen die amerikanische Verwurzelung von Volkswagen im Bewusstsein der Kunden verstärken. Eine Strategie, die allerdings bereits seit längerem grundsätzlich auch asiatische Erzrivalen wie Toyota und Honda verfolgen. Dennoch erhoffen sich die Wolfsburger zum 55. Jubiläum amerikanischen Heimvorteil durch local production von anfangs bis zu 150.000 Fahrzeugen jährlich und nach einer möglichen späteren Erweiterung des Werks in Chattanooga sogar von jährlich bis zu einer halben Million Einheiten. Hinzu kommen das neue Hauptquartier in Herndon bei Washington, ein Forschungszentrum in Palo Alto, Kalifornien, und die Verwaltungszentrale in Auburn, Michigan. Den Wachstumssturm auf dem sich rasch erholenden US-Markt sollen außerdem emotionale Produkte wie Golf R und Jetta GLI weiterentfachen, ebenso wie neue grüne TDI-, Hybrid- und Elektroantriebe. Passend dazu wurde der Jetta als Urban Green Vehicle 2011 ausgezeichnet. Schließlich will Volkswagen als selbsterklärte Premium-Volumenmarke auf allen Märkten Toyota überholen und der größte Autokonzern der Welt werden.
Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: VW/SPS

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