100 Jahre Rallye Monte Carlo

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Sie gilt als die „Mutter aller Rallies“ und hat einen ähnlichen Kultcharakter wie die 24 Stunden von Le Mans, das Formel-1-Rennen in Monaco oder die 500 Meilen von „Indy“. Am Donnerstag wird die 100. Auflage der „Rallye Monte Carlo“ gestartet. Niki Schelle, 2006 bester Deutscher bei der WM-Rallye Deutschland, erinnert sich für www.kues.de an einen ganz besonderen „Tanz auf dem Eis“. Eine „Monte“ in einem Fiat 500.

Wer bei der „Monte“ obenauf war, wer morgens als Triumphator am Hafenbecken des monegassischen Zwergstaates einfuhr, der war ein ganz Großer am Volant, ein wahrer „Nurejew des Paso doble auf den Pedalen.“ Zum 100. Wiegenfest der „Monte“ hat sich vieles rund um die legendäre Etappenprüfung Ende Januar in den französischen Seealpen verändert. Zum regelmäßigen WM-Kalender zählt die Hatz hinunter an die Cote d’Azur seit zwei Jahren nicht mehr.

Wer in Deutschland den Namen „Monte“ in den Mund nimmt, der verbindet dabei einen ganz bestimmten Namen: Der zweifache Rallye-Weltmeister Walter Röhrl hat die Etappenprüfung in den französischen Seealpen von 1980 bis 1984 auf vier verschiedenen Marken (Fiat, Opel, Lancia und Audi) gewonnen und wurde in den „Alpes maritimes“ zum Helden geboren. Genau so wie der „fliegende Finne“ Rauno Aaltonen, der die „Monte“ dereinst in den 60ern auf einem Mini gewann.

Aber selbst der „lange Walter“ hat nie ein Auto zwischen Gap, St. Raphael und dem Col de la Madeleine gefahren wie Niki Schelle. Der 44-jährige Rallyeprofi, der den deutschen WM-Lauf im Jahr 2006 als bester deutscher Fahrer abschloss, war 1994 mit einem wahren Kultauto auf den Serpentinen Südfrankreichs unterwegs: Einem Fiat 500 mit Original Abarth-Lackierung.

1993 gewann der Kfz-Meister aus dem bayerischen Böbing die „Cinquecento Trofeo“ und setzte sich in einem Auswahltest gegen andere nationale Cup-Sieger durch. Mit seiner Co-Pilotin Monika Eckart nahm der 27-Jährige auf einem 75 PS starken Cinquecento an der „Monte“ teil. „Wir waren ja offizielle Werksfahrer damals, haben mit unserem kleinen 500er alles gegeben, um die letzte Wertungsprüfung, die berüchtigte ´Nacht der langen Messer' über den Col de Turini zu erreichen“, schildert Schelle, der heute im Auftrag von Suzuki Rallyeautos fährt und entwickelt, seine Empfindungen. „Wir lagen klar auf Kurs, als uns an 49. Stelle liegend das Differential kaputt ging. Ich hätte heulen können. Aber die Teilnahme an der Rallye Monte Carlo, diese unvergleichliche Atmosphäre, das wird immer einer der Höhepunkte in meiner Karriere bleiben.“

Wenn am Donnerstag der Start zur 100. Auflage jenes Rennens fällt, das im Jahr 1911 Fürst Albert I. ins Leben rief, dann werden zwar insgesamt 350 Teilnehmer am Start sein, der Hochadel des Rallyesports allerdings glänzt – regelbedingt – durch Abwesenheit. Alles begann vor ein paar Jahren damit, dass die oberste Motorsportbehörde (FIA) in der Rallye-Weltmeisterschaft ein Rotationssystem einführte und der Klassiker nicht mehr alle Jahre im WM-Kalender figurierte.

Darüber hinaus machten die Funktionäre den Ausrichtern der Rallye ständig neue Vorschriften. Die FIA forderte beispielsweise im Zuge der Restrukturierung der WM kürzere Etappen. Auf die Schlussetappe, die legendäre „Nacht der langen Messer“, sollte ganz verzichtet werden. Was sich der Veranstalter, der ruhmreiche Motor- und Yachtclub Monte Carlo nicht vorschreiben ließ. Aus diesem Grunde zählt die Veranstaltung nur noch zur „Intercontinental Rallye Challenge IRC“. Was vor allen Dingen der neue FIA-Präsident Jean Todt, der sich über eine Rückkehr der Rallye Monte Carlo freuen würde, sehr bedauert.

Doch Monte-Rallyeleiter René Isoart entgegnet im Brustton der Überzeugung, erst wenn die FIA dem Veranstalter und den Fahrern wieder mehr Freiheiten gebe, könne man sich eine Rückkehr in die Weltmeisterschaft vorstellen. „Denn die Monte“, so Isoart, „hat immer mit der Nacht der langen Messer zu enden.“ Und dabei bleibt es auch in diesem Jahr. Ob mit oder ohne WM-Status.

Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Privat

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