Recht: Hälftige Schadensteilung bei ungeklärter Kollision

Kann bei einer Kollision zweier Fahrzeuge nicht eindeutig festgestellt werden, ob der eine Fahrer aufgefahren ist oder der andere zurückgesetzt hat, so müssen sich die Unfallgegner den Schaden teilen. Der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden tritt in diesem Fall zurück, wenn das Auffahren nicht bewiesen werden kann bzw. streitig ist. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil vom 15. April 2010 (AZ: 6 U 205/09), wie die Verkehrsrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilen.

Nach der Kollision zweier Fahrzeuge stand Aussage gegen Aussage: Die Klägerin behauptete, der Unfallgegner habe zurückgesetzt, während der Beklagte behauptete, die Frau sei auf sein Auto aufgefahren. Bereits in erster Instanz wurde ein technischer Sachverständiger eingeschaltet, der jedoch nach Prüfung und Rekonstruktion des Unfalls beide Schilderungen für möglich hielt. Das Landgericht wies die Klage daraufhin ab. Auch in zweiter Instanz konnte die Klägerin ihre Forderungen nicht durchsetzen.

Das Oberlandesgericht Hamm legte die Haftungsquote auf je 50 Prozent fest. Ein Schmerzensgeld sei, entgegen der Auffassung der Klägerin, ebenso wenig angebracht wie der Ersatz eines Haushaltsführungsschadens, da die Geschwindigkeit der Fahrzeuge bei der Kollision laut Gutachten so gering gewesen sei, dass dies für eine Verletzung nicht ausreiche. Zudem habe die Klägerin nicht bewiesen, dass sie überhaupt verletzt wurde. Die hälftige Teilung des Unfallschadens beruhe auf dem ungeklärten Unfallhergang, so die Richter. Zwar gehe man in der Regel bei einem Auffahrunfall zunächst vom Verschulden des Auffahrenden aus. Dieser so genannte Beweis des ersten Anscheins sei aber nur dann von Gewicht, wenn die Tatsachen im Einzelnen für den typischen Ablauf eines Auffahrunfalls sprächen. Dies sei hier jedoch nicht der Fall.

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