Matthias Steiner: Das Leben erfolgreich stemmen. mvg Verlag; 19,90 Euro.
Streng genommen kann man sich wundern, dass dieses Buch einen Verlag gefunden hat. Denn Matthias Steiner schreibt statt einer Huldigung zu seinem bisher größten Triumph eine völlig bescheiden anmutende Darstellung seiner Laufbahn.
Und die nahm 2008 eine spektakuläre Wende, als er – fast wörtlich in letzter Sekunde – Olympiasieger im Gewichtheben wurde. Das allein war schon schlagzeilenträchtig, aber hinzu kam, dass der frisch gebackene Sportstar sich mit einem Foto in der Hand ablichten ließ, das seine Frau zeigte. Susann Steiner war 2007 mit 22 Jahren bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ums Leben gekommen – ihrem Andenken widmete sich Matthias Steiner mit seinem Olympiasieg ausdrücklich.
Und wäre nicht sein Trainer Frank Mantek auf ihn zugegangen, um ihn energisch aus dem Loch der Trauer zu holen, hätte es den triumphalen Moment im August 2008 vielleicht nicht gegeben. Das ist eine Erkenntnis, die sich beim Lesen zwangsläufig ergibt. Konsequent beschreibt Matthias Steiner seinen Weg, von der ersten Begeisterung über fürchterliche Querelen mit dem österreichischen Leichtathletikverband, seinen Wechsel nach Deutschland, den Unfalltod seiner Frau und die turbulente Zeit nach dem hart erarbeiteten Triumph in Peking, der einen eher zurückhaltenden Menschen ins Licht der Öffentlichkeit brachte, nicht nur in die Schlagzeilen, sondern z. B. zu Wetten dass.
Vielleicht wäre die Karriere aber auch zu Ende gewesen, bevor sie richtig begonnen hat – hätte der junge Matthias auf jenen Arzt gehört, der ihm nach präziser Diabetes-Diagnose kurzerhand bescheinigte, nun sei es wohl auf immer vorbei mit dem Leistungssport. Stattdessen widmete er sich mit der im Sporttraining erlangten Disziplin dem Diabetesmanagement – und lieferte den eindrucksvollen Beweis dafür, dass Mediziner sich irren können. Was nicht schlimm wäre, würden sie ihren Irrtum nicht vollmundig als Urteil über das Leben eines Patienten herausposaunen.
Genau genommen bearbeitet Matthias Steiner unter dem so optimistisch klingenden Titel gleich drei Tabuthemen: Er beschreibt die eigene Trauerarbeit als junger Witwer, er analysiert seine Situation als Diabetiker und Leistungssportler – und er beschreibt, wie er nach dem Tod seiner Frau irgendwann doch wieder offen für eine neue Partnerin war. Dass dies hier und da für negative Schlagzeilen sorgte, kann durchaus als Indiz für groß angelegte Heuchelei durchgehen.
Zu allen Beschreibungen gibt es – optisch klar abgesetzt – Hintergrundinformationen, also zum Gewichtheben als Leistungssport ebenso wie zum Thema Diabetes. So ist hier die Autobiographie eines Stars entstanden, der seine Populärität einzusetzen weiß, indem er sich schwierigen Themen widmet. Und das ist – im sehr positiven Sinne – absolut außergewöhnlich.