Formel-1-Finale in Interlagos: Herausforderung der Extreme

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Zum vierten Mal fällt am Sonntag auf einer der umstrittensten Formel-1-Schauplätze die Entscheidung um Kampf um die Weltmeisterschaft. Dabei geht es nicht nur um den besonderen Kurs von Interlagos, sondern auch um ganz spezielle südamerikanische Verhältnisse.

In den Favelas der brasilianischen Millionenstädte ist das unkontrollierte und explosive städtische Wachstum Südamerikas mit all seinen kriminellen Ausuferungen zu Hause. Das ist auch in Sao Paulo nicht anders, obwohl nicht weit entfernt davon der pure funkelnde Luxus ausufert. Das Haus H. Stern, einer der weltweit renommiertesten Juweliere, hat seine Stammhäuser in Rio und in Sao Paulo. Dort werden am Wochenende die Jet-Set-Touristen des Formel-1-Finales eher zu finden sein als in den Armenvierteln, wo die Drogenkartelle das Sagen haben.

Genau so wie die Armenviertel mit ihren sozialen Brennpunkten gehört aber auch das Autodromo José Carlos Pace zum Speckgürtel der riesigen Millionenstadt. Interlagos heißt zwischen den Seen. Dem Namen entsprechend lag die 1940 eröffnete Rennstrecke zwischen den Seen weit außerhalb des Zentrums. Mittlerweile ist die Stadt in ihrer nicht enden wollenden Ausdehnung fast bis an die Leitplanken heran gewuchert.

Zum vierten Mal wird nach 2005, 2006 und 2007 am Sonntag (Start 14 Uhr, 18 Uhr MEZ) eine Entscheidung auf dem berühmten Waschbrettkurs fallen. Lokalmatador Felipe Massa (Ferrari), hofft, dem mit sieben Punkten führenden Lewis Hamilton (McLaren-Mercedes) den Titel noch entreißen zu können. Vor allem deshalb, weil dieser von 2007 her weiß, dass man einen bereits sicher geglaubten Titel noch verlieren kann. Und natürlich aufgrund der speziellen Umstände.

Denn obwohl das Autodromo zum Großen Teil vor wenigen Jahren neu asphaltiert wurde, ist es immer noch eine Rüttelpiste, die den Fahrern und den Fahrwerksingenieuren alles abverlangt. Zudem ist Interlagos neben Imola und dem neuen Kurs in der Türkei die einzige Rennstrecke, die gegen den Uhrzeigersinn gefahren wird. Das ist brutal für die Nackenmuskeln, hatte auch der siebenmalige Champion Michael Schumacher Respekt vor der Strecke. Und auch vor dem mitunter unberechenbaren brasilianischen Wetter mit hohen Temperaturen und extremen Gewittergüssen.

Bei Fahrern, Teams und Begleitpersonal gilt Brasilien aber nicht nur wegen Interlagos, sondern auch wegen der exorbitant hohen Kriminalitätsrate des Austragungsortes zu den zweifelhaftesten Formel-1-Schauplätzen. Schumachers Bruder Ralf formulierte es vor Jahren drastisch: Nur, wer seine Frau los werden möchte, nimmt sie mit nach Brasilien.

Text: Jürgen C. Braun / Fotos: Bernhard Schoke

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