Auf der IAA stellen die Kölner den Kompaktklässler des Jahres 2008 bereits vor
Nur Facelift oder doch ganz neues Auto? Ein Fahrzeug, mit dem angesichts des Weltpremieren-Gewitters auf der IAA so niemand richtig gerechnet hat, geht bei der 62. Auflage der weltweit größten Automobilmesse fast völlig unter. Und das zu Unrecht. Denn der neue Ford Focus ist mehr als nur eine glatt gebügelte neue Variante des im Saarlouiser Werk produzierten Kompaktwagen-Modells.
Dies umso mehr, als die Kölner auf ihrem Stand mit Neuheiten nicht gerade geizen. Zu den Ausstellungsexponaten gehört einmal der ansprechende Fiesta-Animateur Verve, hinzu gesellt sich als Antwort auf den Volkswagen Tiguan der kleine Geländewagen Kuga ins Rampenlicht des Fordstandes. Der in Frankfurt präsentierte Focus rollt dagegen mit erheblich überarbeitetem Design, sparsameren Motoren und einer ganzen Reihe anderer wichtiger technischer Neuerungen Anfang nächsten Jahres an den Start.
Ford wird wissen, warum es dieses Fahrzeug gerade jetzt präsentiert. Zwar hat der Hersteller inzwischen mehr als fünf Millionen Focus verkauft, doch nirgendwo ist der Konkurrenzdruck so hart und unerbittlich wie bei den Kompaktklässlern. Konkurrenten wie die neuen Fiat Bravo und oder Peugeot 308 sowie südkoreanische Quotenräuber wie Kia Cee'd oder Hyundai i30 machen die Luft in diesem Segment noch dünner.
So hat Opel den Astra schon im Frühjahr modifiziert, dabei aber kaum Änderungen an der Optik vorgenommen. Ende nächsten Jahres soll bereits der neue VW Golf in seiner dann sechsten Generation auf den Markt kommen, Vorboten und Prototypen werden bereits gesichtet. Anders als beim Opel Astra ist die Handschrift der Kölner bereits bei der Strichführung auf den ersten Blick zu erkennen. Der neue Ford Focus ähnelt durch mehr Chrom, größere, nun auch mit Xenontechnik und Kurvenlicht lieferbare Scheinwerfer und weiter aufgerissene Kühler-Öffnungen nun mehr Modellen wie S-Max oder Mondeo in einem höheren Fahrzeugsegment. Zudem werden die Radläufe stärker betont, und eine Sicke zieht sich quer über das ganze Fahrzeug. Das Heck erhält eine neu Kofferraumklappe mit schärferen Konturen. Für die überarbeiteten Rückleuchten gibt es auf Wunsch auch LED sowie für die sportlicheren Modellvarianten einen subtilen Dachspoiler in Wagenfarbe.
Im Interieur ist die Materialauswahl nun hochwertiger, sämtliche Instrumente wurden überarbeitet. Audio- und Klimaanlage sind einfacher zu bedienen und zwischen den Sitzen wurde eine neue Mittelkonsole gefertigt: Sie bietet neben einer ausziehbaren Armauflage ein vier Liter großes Staufach und zusätzliche Ablagen für die Passagiere in der zweiten Sitzreihe. Dem Zeitgeist folgend gibt es auf Wunsch auch einen USB-Anschluss und eine 230-Volt-Steckdose. Dadurch erübrigt sich für iPod, Laptop oder Spielekonsole der entsprechende Spannungswandler.
Als Antwort auf die Wolfsburger Vorgabe der Doppelkupplung präsentiert Ford im gezeigten Focus das neue Powershift-Getriebe. Dem von Volkswagen präferierten Prinzip folgend sind die sechs Gänge dort auf zwei Getriebeeinheiten verteilt, zwischen denen die Kupplung hin- und herschaltet. Während ein Gang aktiviert ist, kann der nächste bereits eingelegt werden. Das Wort Zugkraftunterbrechung kann man damit getrost vergessen. Die Gangwechsel können auch automatisch erledigt werden. Im Vergleich zu einer konventionellen Automatik gehen Verbrauch und CO2-Ausstoß außerdem um zehn Prozent zurück.
Die beim neuen Ford Focus gezeigte Antwort der Kölner auf die Bluemotion-Technik aus Wolfsburg lautet ECOnetic. Diese neue Umweltlinie gibt im neuen Modeljahr ihren Einstand in einem Focus, dessen 109 PS starker und serienmäßig gefilterter Diesel nur noch 4,3 Liter verbraucht und einen CO2-Ausstoß von 115 g/km aufweist. Dies wird ermöglicht durch einen geringeren Luftwiderstand, der durch neue Anbauteile und eine um einen Zentimeter abgesenkte Karosserie auf einen Wert von 0,31 reduziert worden ist.
Der neue Ford Focus wartet zudem mit einer sparsameren Servopumpe für die Lenkunterstützung und einer modifizierten Motorsteuerung auf. Ein spezielles Leichtlauföl sorgt dafür, dass die innere Reibung des Vierzylinders reduziert wird. Da einige dieser neuen Technik-Features auch für die anderen Focus-Modelle übernommen werden, bleiben alle anderen Versionen des 1,6-Liter-Diesels unter 120 Gramm CO2/km. Außerdem werden alternative Ansätze wie eine Flexifuel-Version mit Ethanol-Antrieb und ein Erdgas-Focus hinzukommen.
Text: Jürgen C. Braun
Fotos: Rolf Ruppenthal