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Jürgen C. Brauns Tagebuch

Ville fleuri – blühende Stadt – nennt sich ein Wettbewerb, an dem sich die zahlreichen kleinen und großen Ortschaften, welche die Tour Jahr für Jahr passiert, mit viel Engagement ihrer Bürger beteiligen. Da sind dem Einfallsreichtum und der Phantasie der Bürger keine Grenzen gesetzt. So entstehen aus Blumenkränzen geflochtene Fahrräder, oft drei oder vier Mal so groß wie das Original, die von Blumendraht gehalten an Hausdächern über die Straßen gespannt werden. Die zahlreichen Rondpoints, die Kreisverkehre, sind in bunten Willkommenslettern wie Bienvenue le Tour – Herzlich willkommen, die Tour drapiert. Je nach Ausmaß und Qualität dieser farbenprächtigen blühenden Willkommensgrüße werden Punkte vergeben. Diese sind mit Sternen gekennzeichnet und am Ortseingang markiert.

Die schönsten dieser Villes fleuris finden sich in den Savoyer Alpen wieder, die wir, von Burgund aus kommend, in unserem Peugeot 407 Break passiert haben. Mit diesem Fahrzeug, befeuert von einem drei Liter großen V6-HDi-Motor mit Dieselpartikelfilter, sind wir drei Tour-isten (zwei Schreiberlinge und ein Fotograf) bestens gerüstet für die mehr als 3.000 Kilometer. Es war ein traumhafter Tag, der Himmel in strahlendem Blau, überall französische Flaggen am Nationalfeiertag, dem 14. Juli. Erst ging es vorbei an sanften, grünen Hängen, dann folgten Dorfpassagen in bunt hergerichteten kleinen Flecken am Anstieg ins Hochgebirge. Überall fröhliche, lachende und gut gelaunte Menschen.

Die Tour, Frankreichs Nationalheiligtum, hat trotz aller – berechtigter – Diskussionen um den Radsport nichts von ihrer Faszination verloren. Und am Samstag hat sie hoffentlich auch ein Stück ihrer Glaubwürdigkeit zurück gewonnen. Wenn nämlich eines von diesem Tag fest zu halten ist, dann der folgende Satz des jungen Deutschen Linus Gerdemann, der völlig überraschend diese erste schwere Alpenetappe gewann und ins Gelbe Trikot des Gesamtführenden gefahren ist: Es muss eine Zukunft geben für den Radsport … Eine Zukunft für einen sauberen Radsport. Wir jungen Fahrer haben eine große Verantwortung, aber wir sind auf dem richtigen Weg und den müssen wir weiter beschreiten.

Was Globalisierung im positiven Sinne bedeuten kann, das erlebten wir zum Schluss der Sonntag-Etappe beim langen und schweren Anstieg zum Ziel hinauf nach Tignes. An einem Berg der zweiten Kategorie, dem Col de Tamié, hatten wir auf das Feld gewartet, dann die Umleitung über Albertville genommen, um rechtzeitig vor der Ankunft des Fahrerfeldes im Pressezentrum hoch oben auf dem 2.070 Meter hoch gelegenen Plateau zu sein. Dies hatte zur Folge, dass wir auf die Caravane publicitaire, die Werbekarawane, aufliefen, die dem Peloton stets eine Stunde voraus ist.

Ein bedauernswerter Deux Chevaux, der für die in Frankreich so beliebte Salami Coucochon warb, war eifrig qualmend dabei, am Berg seinen Geist aufzugeben. Die Rettung für die kleine Ente kam in Gestalt zweier der zahlreichen Fans am Schlussanstieg. Einer davon Holländer, der andere Australier. Sie verstanden offensichtlich nicht nur von ihren Radsport-Idolen, sondern auch von Autos etwas. Innerhalb einer knappen Viertelstunde hatten sie die Ente wieder belebt, die sich daraufhin – zwar ziemlich waidwund, aber doch einigermaßen heil – ins Ziel schleppen konnte. Ein Holländer und ein Australier helfen einem französischen Auto und erhalten Beifall von den Umstehenden dafür. Darunter ein paar Deutsche und auch eine Gruppe, die mit einer großen schwedischen Fahne drapiert war. Das sind Szenen, die wir sehr viel lieber im Sport sehen wollen, als ein paar Bekloppte in Fußballstadien, die nichts als Randale im Kopf haben.

Das meint jedenfalls Ihr Jürgen C. Braun
Fotos: Jürgen Burkhardt

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