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Import-Fahrzeuge der gehobenen Mittelklasse haben es in Deutschland schwer, gegen die Konkurrenz von Audi, BMW und Mercedes-Benz anzutreten. Das hat nicht immer nachvollziehbare Beweggründe, wie unsere Testtour Lancia Thesis mit 2,4-Liter-Dieselmotor zeigt.

In diesem Jahr feiert das Haus Lancia seinen 100. Geburtstag, doch die Marke, die im Fiat-Konzern für die erlesenen und edlen Produkte steht, tut sich bei uns schwer mit dem Absatz ihrer Produkte. Ypsilon, Lybra, Phedra, Thesis: das sind meist selten gesehene Exoten auf unseren Straßen. Das Topmodell Thesis allerdings hätte es alleine schon aufgrund seiner noblen Erscheinung verdient gehabt, dass es regelmäßiger in unserem Straßenbild auftauchen würde.

Der markante, aber nicht zu üppig geratene, trapezförmige Kühlergrill in der mächtigen Motorhaube, dazu pinibelst abgesetzte, fast zierlich zu nennende, Leucht-Einheiten, verleihen dem Thesis einen Hauch von automobiler Erhabenheit. Filigran zu nennen dagegen die schwungvollen, fein konturierten Rückleuchten, die dem Heck nichts von seinem prunkvollen Abschluss nehmen. L'arte di vivere -oder Die Kunst, zu leben, nennen Italo-Feingeister so etwas. Wer sich ein wenig in der Stil-Historie des am 29. November 1906 von Vincenzo Lancia gegründeten Hauses auskennt, der wird im Thesis eine gelungene Verbindung aus Tradition und Moderne finden.

Sagt man italienischen Autos zwar fast durchweg eine ansprechende Erscheinung, aber auch manchen Mangel in der Fertigung und damit auch in der Alltagstauglichkeit nach, so konnten wir in der zweiwöchigen Berichtsphase dieses Vorurteil zwar nicht widerlegen, es zumindest aber auch nicht weiter zementieren. Der Status quo macht es den Schöpfern außergewöhnlicher Erscheinungen wie dem Thesis aber nicht einfach, erfolgreich gegen vorgefasste Meinungen anzugehen. Schon Einstein wusste: Ein Vorurteil ist schwerer zu spalten als ein Atom.

Aber von der philosophischen wieder zur rationalen Betrachtungsweise. Und damit zur Motorisierung unseres Testfahrzeugs. Dem Trend zur Selbstzünder-Findung unserer automobilen Gesellschaft Folge leistend, verrichtet ein 2,4 Liter großer und 185 PS starker Common Rail Diesel seine wenig geräuschvolle Arbeit unter der Motorhaube. Der Fünfzylinder, ein Multijet-Turbodiesel mit Russpartikelfilter, verdient sich das Prädikat kraftvoll bis seidenweich. Sein maximales Drehmoment von 330 Newtonmetern bei 1750 Umdrehungen lässt sowohl den spritzigen Kickdown als auch das entspannende und rasche Dahingleiten auf der Autobahn zu. 9,2 Liter genehmigten wir dem Probanden im Schnitt auf 100 Kilometer. Das automatische Fünfgang-Getriebe arbeitete ruckelfrei und sorgfältig.

Die Emblema-Version unseres Test-Thesis beinhaltet ein Sicherheitspaket mit ABS, ESP mit Bremsassistent und acht Airbags. Serienmäßig sind Details aus der Komfortabteilung wie etwa das Bose-Soundsystem mit 6fach-CD-Wechsler, ein Telematiksystem mit aktivierbarem Zugang zu den Telematikdienstleistungen und ein Satellitengesteuertes Navigationssystem. Jede Menge elektronischer Heinzelmännchen runden das Angebot in dem edlen, aber auch passgenau verarbeiteten Interieur des Innenraums ab. Allein die Reichweiten-Anzeige entwickelte eine gewisse Eigendynamik und schwankte in ihren Angaben heftig.

Fazit: Unser Testfahrzeug, in dieser Version für 46.990 Euro erhältlich, muss sich hinter den süddeutschen Konkurrenz-Modellen nicht verstecken und besticht zudem durch außergewöhnliche Extravaganz.

Text: Jürgen C. Braun

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