Zwanzig Jahre nach dem letzten Turbo in einem BMW-Benzinermodell stellen die Münchner dieser Tage wieder einen Turbo vor. Im neuen 335i Coupé sorgt ein Dreiliter-Reihensechszylinder mit Direkteinspritzung und zwei Turboladern für gewaltigen Schub. Gleich zwei Neuheiten machen den Turbo für die Motorenentwickler interessant: Zum einen die Benzindirekteinspritzung mit Piezo-Einspritzung, zum anderen die Möglichkeit der variablen Ladergeometrie. Letztere scheiterte bislang am verwendeten Material. Was bei Dieselmotoren seid langem Standard ist, konnte bei Benziner-Turbos nicht umgesetzt werden, weil die Abgastemperaturen zu hoch waren. Die Temperaturproblematik der Abgasströme, die ja eigentlich den Turbo erst antreiben, war bislang auch mit verantwortlich für deren hohen Spritverbrauch. Bei Volllast wurde der Treibstoff buchstäblich zum Kühlen gebraucht. Mit neuen Materialien für den Lader ist dieses Thema nun erledigt. Der hochwarmfeste Spezialstahl bei BMW hält Abgastemperaturen von 1.050 Grad Celsius aus. Das erste Auto mit dieser Technologie auf dem Markt war der Porsche Turbo, der in diesem Frühjahr seine Premiere feierte. Jetzt folgt BMW nach.
Zwei Lader sorgen, wie bei Porsche, für eine effiziente Umsetzung der Aufladung. Die Turbos können relativ klein ausfallen. Das verringert ihr Trägheitsmoment. Sie sprechen schneller an. Dadurch fällt das klassische Turboloch, der Moment zwischen Gasgeben und dem Anspringen der Lader, deutlich kleiner aus. Tatsächlich kann weder bei BMW noch bei Porsche noch ernsthaft von einem Turboloch gesprochen werden.
Der Fortschritt ist auch messbar. Schon immer hatten Turbomotoren ein hohes Drehmoment. Beim neuen BMW-Motor liegt dieses schon ab 1.300 Umdrehungen an und fällt bis 5.000 Umdrehungen nicht ab. Knapp über Leerlaufdrehzahl steht somit bis weit in den Hochleitungsbereich das Drehmomentmaximum von 400 Newtonmetern bereit. Daraus ergibt sich eine Kraftentfaltung wie bei einem deutlich größeren V8-Saugmotor ohne dessen Gewichtsnachteil. BMW gibt für den Turbo ein um 70 Kilogramm geringeres Gewicht als bei einem gleichstarken V8-Motor an.
Gegenüber den Turbodieselmotoren punktet der Benziner mit dem größeren Drehzahlband und der einfacheren Abgasreinigung. Während ein moderner TDI den Drehmomentgipfel nur über einen schmalen Bereich von 1.000 bis 1.500 Umdrehungen anbietet, ist der Benziner deutlich länger auf dem Gipfel. Die Gesamtdrehzahl fällt mit 7.000 Touren auch erheblich höher aus als beim Selbstzünder.
Eine wichtige Rolle bei der Motorenentwicklung kommt auch der Benzindirekteinspritzung zu. Die Hochdruckeinspritzung der zweiten Generation erlaubt eine präzise Gemischdosierung und eine höhere Verdichtung. Beides steigert den Wirkungsgrad des Motors und senkt den Verbrauch. Gegenüber einem herkömmlichen Turbo mit Saugrohreinspritzung gibt BMW den Verbrauchsvorteil der Direkteinspritzung mit Piezo-Injektoren mit rund zehn Prozent an. Mit einem Normverbrauch von 9,5 Litern im 3er Coupé ist die 306 PS/225 kW starke Maschine nicht übermäßig durstig, zumal die Kraftentfaltung eine gelassene und damit sparsame Fahrweise fördert.
Der erste Benzin-Motor, der Direkteinspritzung mit Turbolader in Großserie brachte, ist der 2.0 Liter TFSI aus dem VW-Konzern. Hier kommen allerdings noch keine variablen Laderschaufeln zum Einsatz, weshalb die Maschine bei Volllast mehr verbraucht. Man arbeitet aber an Konzepten, um künftig aus zwei Litern Hubraum per Turbo und Direkteinspritzung rund 300 PS zu erzeugen, die dann auch mit deutlich verringertem Verbrauch einher gehen.