Buch-Tipp der Woche

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Yadé Kara: Selam Berlin (Diogenes Verlag; 19,90 Euro)

Hasan, mit vollem Namen Hasan Kazan, ist 19 und voller Lebenshunger. Er will frei sein, mobil, unabhängig, wild. Was läge da näher, als nach Berlin zu gehen? Denn wir schreiben das Jahr 1989 – die Stadt, die Hasan durchaus nicht fremd ist, befindet sich im totalen Umbruch. Bisher hat der Familienvater dort gelebt und gearbeitet, die Mutter ist mit dem Nachwuchs in Istanbul geblieben. Berlin kennt Hasan von seinen Besuchen.

Was zum Aufbruch in die große, weite Welt werden sollte und wie eine nicht enden wollende Party erschien, wird zunächst der Fall ins pure Chaos. Kaum dass er sich richtig in dieses neue Leben hineinfinden kann, rauscht es im Rekordtempo an ihm vorbei. Jedenfalls kommt es Hasan so vor. Sollte er etwa der Einzige in dieser Riesenstadt sein, der keine festen Zukunftspläne, keine hektisch-verplanten Tage hat, sondern erst mal nur eine große Portion Neugier auf alles und jedes mitbringt?

Yadé Kara beschreibt den Alltag dieses Neunzehnjährigen in einer Stadt im Umbruch atemberaubend komisch, bestechend genau. Kein Blatt nimmt er vor den Mund. Erst recht nicht verzichtet er auf jene wohltuende Portion Selbstironie, die viel zu selten zu finden ist. Selbst wenn er das Gefühl hat, sich mal wieder gnadenlos blamiert zu haben, lacht man beim Lesen mit ihm, nicht über ihn. Und weil er als Außenstehender beobachtet, dem das Zurechtfinden ja erst noch bevorsteht, provoziert Hasan auch noch etliche Denkanstöße.

Wer hat diesen Roman eigentlich geschrieben? Ein Debüt, klar. Ein sehr gelungenes, auch klar. Von einem jungen Mann, der nicht viel älter sein konnte als Hazan. Umso größer war die Überraschung, als sich herausstellte, dass Selam Berlin (übersetzt: Sei gegrüßt, Berlin!) von einer Frau geschrieben wurde! Yadé Kara, 1965 geboren, lebt und arbeitet nach Anglistik- und Germanistikstudium heute in der Stadt, die auch Schauplatz dieses Romans ist.

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