Delphi: Allradlenkung, zweiter Versuch

Dank elektronischer Regelsysteme könnte die Allradlenkung ein Comeback feiern. Vor gut zehn Jahren präsentierte Honda den Prelude mit Hinterradlenkung. Ohne großen Erfolg, denn die versprochenen, verbesserten Handlingeigenschaften stellten sich nur bedingt ein und rechtfertigten den mechanischen Aufwand nicht. Heute, mit einer elektronischen Vernetzung aller Sicherheitssysteme im Auto, könnte die Allradlenkung zurückkommen, glaubt Robert J. Remenar, Präsident von Delphi Steering. Der Zulieferer entwickelt derzeit für mehrere Kunden aktive Hinterradlenksysteme, die sowohl die aktive Sicherheit als auch den Komfort verbessern sollen. Auf der Sicherheitsseite arbeitet das System mit den Sensoren und der Regelung des ESP zusammen. Anders als das Stabilitätsprogramm ESP greift Quadrasteer, so der vorläufige Markenname, nicht auf die Bremse zurück, sondern lenkt gezielt gegen, bevor der Fahrer die kritische Situation überhaupt erkannt hat. Dadurch verschiebt sich der Grenzbereich des Autos etwas weiter, die aktive Sicherheit erhöht sich. ESP bleibt im Hintergrund und greift erst ein, wenn Lenken alleine nicht mehr genügt.

Außer diesen fahrdynamischen Qualitäten bietet Quadrasteer, wie sich bei ersten Fahrversuchen mit Prototypen zeigte, vor allem mehr Komfort bei langsamer Fahrt und in engen Ecken. Der Lenkaufwand sinkt erheblich, weil die Hinterachse mitlenkt. Als intelligente Einpark- und Rangierhilfe ist das System seit zwei Jahren in den USA bei Light-Trucks in Serie, bietet dort allerdings keinerlei aktive Hilfe bei kritischen Fahrsituationen. Die Bandbreite der Regelmöglichkeiten zeigte Delphi mit der Adaption auf einen amerikanischen Ford F 150 Pickup, dessen Hinterräder bis zu 20 Grad Lenkeinschlag mitlenkten. Eher für europäische Fahrbedingungen ausgelegt, ist ein Jaguar S-Type mit 5 Grad Lenkeinschlag hinten. Zurzeit entwickelt Delphi für fünf Hersteller das System zur Serienreife. Wer wann tatsächlich die neue, elektronisch gelenkte Hinterachse auf den Markt bringt steht noch nicht fest.

Um die wachsende Motorleistung auch wieder einzufangen, brauchen moderne Autos immer mehr Bremsleistung. Der übliche Weg der Leistungssteigerung führt zu größeren Rädern, die größer dimensionierte Bremsscheiben aufnehmen können. Einen anderen Weg beschreitet Delphi Automotiv. Hinter dem Kürzel MTB, für Maximum Torque Brake versteckt sich eine Doppelscheibenbremse. Technisch handelt es sich um zwei schwimmend gelagerte Bremsscheiben mit einem fest fixierten Bremssattel. Dadurch hat die Bremse vier statt der üblichen zwei Reibpunkte. Durch die größere Fläche kann entstehende Wärme schneller abgeleitet werden. Vor allem bei kleineren Fahrzeugen wirkt MTB überzeugend. Mit relativ geringem Pedaldruck lässt sich schnell viel Bremsleistung erzeugen. Größere Fahrzeuge profitieren von der höheren Standfestigkeit der beiden Scheiben in extremen Fahrbedingungen. MTB soll Ende 2005 in Serie sein. Die Spannweite der Einsatzmöglichkeiten reicht von relativ kleinen Rädern wie beispielsweise bei einem Ford Fiesta bis zu großdimensionierten SUV-Rädern.

(Günter Weigel)\x09

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