Seit sechs Jahrzehnten setzen schnelle Nissan Bestmarken in Nippons Sportwagenhistorie. Heute gilt der 390 kW/530 PS starke und über 315 km/h schnelle Nissan GT-R als Schrecken aller Supersportwagen, vor allem wenn es auf die Nürburgring-Nordschleife geht. Ganze 15 kW/21 PS genügten dagegen dem Roadster Nissan DC-3, um vor 60 Jahren als Urvater aller japanischen Sportwagen an den Start zu gehen. Kaum stärker war der 32 kW/43 PS leistende Nissan SP212 Fairlady, der vor 50 Jahren als erster japanischer Roadster auf amerikanischen Highways für Furore sorgte. Immerhin 96 kW/130 PS setzte der 240Z frei, mit dem die Nissan Z-Reihe vor über 40 Jahren in Fahrt kam, um später als weltweit meistverkaufter Sportwagen aller Zeiten Geschichte zu schreiben. Eine Sportschau für alle mit dem Bonsaiflitzer 100NX, den Mittelfeldstürmern Silvia und SX und dem Superstar 300ZX Twin-Turbo bot Nissan zum Ende des 20. Jahrhunderts. So unterschiedlich die Nissan Sportwagenkonzepte der letzten sechs Jahrzehnte waren, Meilensteine in der Automobilgeschichte setzten sie alle.
Dies gilt sogar für den Miniatur-Roadster DC-3, der in Design und Technik an geschrumpfte englische Vorkriegssportwagen erinnerte. So war der kleine 860-ccm-Vierzylinder-Motor nach althergebrachter Art seitengesteuert, die Kraftübertragung erledigte ein unsynchronisiertes Dreigang-Getriebe und die Vmax lag bei mageren 80 km/h. Kaum Chancen für den als „Datsun Sport“ vermarkteten Winzling also, um den Rivalen davonzufahren. Dennoch trat der DC-3 beim ersten internationalen Sportwagen-Straßenrennen in Japan gegen ein weit schnelleres und PS-stärkeres Starterfeld aus Jaguar XK 120, MG TD und großen Amerikanern an – und triumphierte in den Herzen der begeisterten Zuschauer, denn die bis zu zehnmal stärkeren Konkurrenten gerieten zumindest nie außer Sichtweite des kleinen Samurai. Ein Auftakt nach Maß für den Vorreiter aller Nippon-Sportler: Erstmals berichtete die internationale Presse über Nissan und den flinken DC-3, dessen auf 50 Einheiten limitierte Startauflage rasch in Sammlergaragen verschwand.
Auch die folgenden Sportstars von Nissan, die zwischen 1959 und 1962 produzierten Bluebird-Cabriolets mit innovativer GFK-Karosserie, kamen nur in kleinen Auflagen in den Handel. Allerdings wurde das elegante Cabrio SP212 als erster japanischer Sportwagen mit Linkslenkung vorgestellt, um gegen die in den USA überaus populären kleinen englischen Roadster anzutreten. Passend zum Amerika-Debüt taufte Nissan-Chef Kawamata den Zweisitzer auf den Namen Fairlady, nach dem er am Broadway das Musical „My Fair Lady“ gesehen hatte. Zum internationalen Erfolg, besonders in den USA, entwickelte sich jedoch erst der Roadster Fairlady 1500, der 1962 zeitgleich mit dem englischen MGB vorgestellt wurde und mit mehr Hubraum als Fairlady 2000 sogar auf europäischen Boulevards, Rallyes und Rundstrecken für Aufsehen sorgte. In den Ruhestand geschickt wurde der Roadster erst 1970, nach der damals beachtlichen Zahl von 50.000 Einheiten.
Allerdings war dieser Absatzerfolg nicht mehr als eine milde Brise im Vergleich zu dem Orkan, der schon 1969 mit der nächsten Fairlady losbrach. Der 240Z Fairlady, Japans erster echter Großserien-Racer, war auf Initiative des Nissan-USA-Chefs Yutaki Katayama entstanden und sollte eine erschwingliche Alternative zu den Sportwagenikonen Porsche 911, Jaguar E-Type und Chevrolet Corvette sein. Entworfen hatte den 240Z ein japanisches Designerteam um Yoshihiko Matsuo, das offenbar von der damals legendären Studie Yamaha A550 X-Coupé inspiriert wurde, für die wiederum der deutsche Stardesigner Albrecht Graf Goertz verantwortlich zeichnete.
Goertz hatte zuvor bereits die Formen für das erste Silvia Coupé von 1965 entwickelt. Das Ergebnis beim 240Z Fairlady: Mit fast endlos langer Motorhaube, knackig kurzem Fastback und den Muskeln eines 2,4-Liter-Reihensechszylinders war der Z begehrenswert wie ein europäischer Supersportwagen. Und dies in den USA zu Preisen ab 3.526 Dollar, wenig mehr als für einen Käfer aufgerufen wurde. 1.600 Einheiten wollte die Marketingabteilung vom 240Z der ersten Generation verkaufen. Über eine Viertelmillion wurden es – Weltrekord im gehobenen Sportwagensegment.
Nicht einmal die erste Ölkrise konnte die Absatzzahlen nachhaltig bremsen. Im Gegenteil, in Nordamerika, dem damals größten Markt, verkaufte sich der 240Z und sein Nachfolger 260Z in den Jahren 1973/74 besser denn je und in Europa und ganz besonders in Deutschland vermittelten sie Nissan wachsende Bekanntheit und erste Achtungserfolge. Trotz fehlenden Markenprestiges und eines relativ stattlichen Einstiegspreises von 17.600 Mark fanden immerhin rund 1.000 frühe Z-Racer zahlungskräftige Fans in Deutschland, die sich vom zweifachen Sieger der legendären East-African-Safari-Rallye faszinieren ließen.
Als im Herbst 1978 mit dem 280ZX eine vollkommen neu konstruierte Z-Generation gezeigt wurde, hatte sich der Sportler bereits einen Eintrag ins Buch der Rekorde gesichert. Mit insgesamt 531.601 Sportcoupés der Z-Typen 240, 260 und 280 übertrafen Nippons damals rasanteste Söhne sogar den ewig jungen MG B. Die Weiterentwicklungen 280ZX und 300ZX gewannen in den 1980er und 1990er Jahren durch Turboaufladung mehr und mehr Muskeln und distanzierten schließlich mit 208 kW/283 PS sogar die vergleichbaren Porsche. Allerdings forderte der 300ZX Twin Turbo mit Einstiegskosten von zuletzt 95.000 Mark in Deutschland auch den höchsten Preis aller japanischen Automobile – zu viel für einen schlichten Nissan-Schriftzug im Club der elitären Supercars, die sonst eher Markenzeichen aus Modena oder Zuffenhausen trugen. Still und leise verschwand der überteuerte japanische Ladenhüter 1999 aus den deutschen Schauräumen, um nur drei Jahre später eine Wiedergeburt zu zelebrieren. Als 350Z kehrte die Legende des scharfgezeichneten Zweisitzers mit viel Leistung zu günstigen Preisen zurück.
Am anderen Ende der Leistungsskala versuchten sich in den 1970er Jahren preiswerte Coupéderivate von Einstiegs-Baureihen wie Cherry oder Sunny als sportliche Pfadfinder. Echte Erfolge erntete in Deutschland aber erst der vor genau 20 Jahren eingeführte 100NX. Mit herausnehmbaren Dachhälften und damals sportiv-schickem Biodesign wirkte der 2+2-Sitzer wie eine Miniaturausgabe des großen Bruders 300ZX. Wettbewerber fand das ab April 1991 lieferbare Open-Air-Sportcoupé in jenen Jahren fast nur noch in fernöstlichen Zweisitzern wie dem Honda CRX, die kleinen europäischen Sportler waren zwischenzeitlich weitgehend ausgestorben.
In der Mittelklasse zeichnete ab 1984 ein neuer Silvia verantwortlich für die Nissan-Sportschau. Mit modischen Klappscheinwerfern, innovativem 16-Ventil-Triebwerk und neuartiger Schubabschaltung beim Turbo erzielte der bis zu 107 kW/145 PS starke Schrägheck-Sportwagen gegen die Spitzenversionen von VW Scirocco und Opel Manta durchaus beachtliche Erfolge. Davon konnte der 1994 lancierte 147 kW/200 PS entwickelnde und 235 km/h schnelle Nachfolger nur träumen. Die zweite Auflage des 200SX bewegte sich mit Preisen ab 50.000 Mark in Gefilden, die mehr Markenprestige verlangten. Zumal der neue SX die eher biedere Optik eines klassischen Coupés bot.
Davon konnte beim 350Z von 2003 keine Rede sein. Mit ihm erlebte das ursprüngliche Z-Konzept seine Wiedergeburt, allerdings nicht als Kopie, sondern als Weiterentwicklung des 240Z. Wie einst elektrisierte die in Kalifornien gezeichnete Fahrmaschine weltweit alle Fans potenter Dynamiker. Übertreffen konnten dies nur der aktuelle 370Z und Nissans erster Supersportwagen für deutsche Straßen, der GT-R.
Vom Design bis zur Technik komplett in Japan entwickelt, setzt der Überflieger eine 1969 mit dem Skyline 2000 GT-R (Serie PGC 10) begründete Tradition fort. Seitdem hat sich die Skyline GT-R-Serie von einer viertürigen Limousine zu einem 530 PS freisetzendem Supersportwagen mit Allradantrieb und Doppelkupplungsgetriebe in Transaxle-Anordnung weiterentwickelt, der als Referenzmodell fast aller Wettbewerber gilt. Auf der GT-R Erfolgsliste steht bereits ein neuer Rundenrekord für Produktionswagen auf der Nürburgring-Nordschleife: 7:29 Minuten. Das Erfolgsrezept für den GT-R ist scheinbar stimmig: Hochkarätige Technik, verpackt in aufregende Formen in Kombination mit Preisen, die 50 Prozent niedriger als bei den Wettbewerbern sind. So besitzt der GT-R alle Anlagen zum Kultauto einer neuen Generation.
Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Autodrom Archiv, Nissan, SPS