Liebe Leserin!
Lieber Leser!
Mal ganz ehrlich: wenn Sie mit Ihrem Auto vor einer Ampel stehen, deren Signal gerade Rot anzeigt, dann achten Sie doch mit ziemlicher Sicherheit ausschließlich darauf, ob und wann sich die Farbe ändert, damit sie dann ihre Fahrt fortsetzen können. Offensichtlich aber gibt es Menschen, denen nicht nur der Farbton des „Lichtzeichensignalanlage“, wie das Ding im Amtsdeutsch heißt, am Herzen liegt, sondern auch die hinter der Glasscheibe abgebildete Person.
Kommen Sie jetzt schon ins Grübeln? Überlegen Sie etwa, wie denn die farblich wechselnde Gestalt hinter der runden Glasscheibe, die uns klarmacht, ob wir denn nun anzuhalten haben oder weiterfahren dürfen, eigentlich aussieht? Bevor Sie sich den Kopf ganz zerbrechen und auf „Gut Glück“ losfahren, bis Sie eine Ampel erwischt haben, will ich Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen. Es handelt sich um ein Männchen, das einen Hut mit Krempe trägt. Unverkennbar eine maskuline Figur also.
Eine Tatsache, die – warum auch immer – den Oberbürgermeister der westfälischen Stadt Hamm auf den Plan rief. Der nämlich kam auf die grandiose Idee, aus Anlass der 100. Wiederkehr des Weltfrauentags das kleine Männlein an selbigem Datum in dieser Woche an einer Ampelanlage der Stadt durch eine hübsche Ampelfrau mit Rock und Zöpfen zu ersetzen.
Ein netter Gag, meinen Sie? Hat vielleicht auch der Herr Oberbürgermeister gedacht. Oder vielleicht hat er sich auch gar nichts dabei gedacht. Was nicht auf eine Feministen-Bewegung (oder heißt es Feministinnen-Bewegung?) zutrifft, die auf wundersame Weise Kenntnis von dieser Geschlechts-Umwandlung der Person des öffentlichen Straßenverkehrs Kenntnis erhielt. Worauf deren Vertreterin sich bei der Stadtverwaltung Hamm beschwerte: Eine solche Vorgehensweise verunglimpfe die Frau in ihren Persönlichkeits-Rechten und verzerre das Bild ihrer öffentlichen Wahrnehmung. Kurzum: die Ampelfrau sei eine Zumutung für alle anderen Frauen, die keine Ampelfrauen sind und das könne man so nicht einfach hinnehmen.
Im Ernst, liebe Leserinnen und Leser: Gibt es eigentlich nicht genügend wichtigere und dringlichere Dinge, über die auf zu regen es sich lohnt? Als hätten wir uns über sonst keine Probleme – auch im Straßenverkehr – Gedanken zu machen.
Übrigens: Ich habe mich mal etwas kundig gemacht: Am 29. September 2011 ist der Weltschifffahrtstag: Vielleicht kann man dann ja die Ampelfrau in Hamm – so sie nicht schon wieder dem angestammten Hutkrempen-Männlein hat weichen müssen – mit einem Papierschiffchen hinter dem Glas ausrüsten. Eines, das bei Rot aus dem Schornstein raucht und dann bei Grün lauthals hupt!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein möglichst ampelfreies Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun