Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!
Als häufiger Besucher unserer Seite sind Sie sicherlich ein Mensch, der erstens an privater Mobilität und zweitens an technischen Errungenschaften und an Fortschritt im Allgemeinen sehr interessiert sind. Dieser (vermeintliche?) Fortschritt muss sich nun nicht unbedingt auf neue Forschungen und Entwicklungen bei der Automobil-Industrie und/oder deren Zulieferern beschränken. Die Segnungen oder anderweitigen Auswirkungen unserer digitalen, vernetzten Welt sind auch anderweitig zu bewundern.
So kam in dieser Woche eine Pressemitteilung aus der Mineralöl-Industrie ins Haus geflattert. Aus dem Hause Aral genauer gesagt. Darin hieß es zitatgetreu: „Mit einer neuen iPhone App macht Aral die Suche nach der nächstgelegenen Tankstelle für iPhone- und Windows-Phone-Besitzer und Nutzer des mobilen Internets jetzt noch bequemer. Mit der neuen App lassen sich die fünf nächstgelegenen Aral-Tankstellen im Handumdrehen ermitteln.“
Ich bin kein wirklicher Freund dieser Dinger, die den Menschen als Individuum gläsern machen und zu jeder Zeit an jedem Ort aufspüren lassen. Da steckt in der Tat so ein bisschen „Big-Brother-Mentalität“ dahinter und ich denke, es geht auch ohne diese ständigen elektronischen Helferlein, die uns an der Hand nehmen und durchs Leben führen. Erst dieser Tage geisterten ja die Nachrichten durch den Blätterwald, dass das iPhone die Bewegungsdaten seines Trägers gnadenlos speichert und ein lückenloses Bewegungsprofil aufzeigt. Ganz ehrlich: Für mein persönliches, recht unbehagliches, Gefühl steckt da auch ein bisschen gefühlte Stasi-Qualität dahinter. Ich möchte jedenfalls nicht, dass Hinz und Kunz mir erzählen, wann ich wo wie lange war. Wie will man denn da noch gescheit den nächsten Banküberfall planen, geschweige denn ausführen können …
Nein, im Ernst: Meine Bedenken haben nichts damit zu tun, dass die Technik, die in diesem Falle dahinter steckt, schon faszinierend ist. So erfolgt die Tankstellen-Suche automatisch per GPS. Alternativ dazu ist allerdings auch die Suche an einem selbst gewählten Kartenpunkt oder durch die Eingabe von Postleitzahl oder Ortsnamen möglich. Was die Sache noch zusätzlich erleichtert oder angenehmer macht: Das Ergebnis lässt sich nach verschiedenen Kriterien wie zum Beispiel Autogasangebot oder Waschanlage sorgsam filtern. Bevor ich jetzt in einen verbalen PR-Rausch für diese geschäftliche Transaktion falle, stelle ich das Aufzählen weiterer Vorzüge lieber ein.
Ich frage mich jedoch, wie es meinen Mitmenschen heute möglich ist, eine Tankstelle (gleich welcher Kraftstoffmarke) zu finden, die nicht im Besitz eines solchen Smartphones sind und damit auch noch umgehen können wie mit einem Flaschenöffner. Vielleicht machen Sie es ja wie ich, wenn ich mal irgendwo tanken muss, wo ich mich nicht auskenne: Sie halten einfach die Augen offen oder – noch besser – Sie fragen einen auskunftswilligen Menschen auf der Straße nach der nächsten Tankstelle. So was nennt man Kommunikation und soll angeblich dem zwischenmenschlichen Miteinander nicht ganz abträglich sein.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes und kommunikatives Wochenende.
Ihr Jürgen C. Braun