Ein Saurier lernt das Sparen
Mit dem neuen Cayenne Diesel baut Porsche einen SUV mit Kleinwagen-Verbrauch. Das KÜS magazin tankte nach und kam auf Verbräuche, die sogar noch etwas unter der Werksangabe liegen.
Noch vor wenigen Jahren galt der Porsche Cayenne als Inbegriff des Bösen:Ein rücksichtsloser Berserker im tyrannischen Staubsauger-Design, der mit dem Kraftstoffbudget seiner Fahrer genauso verschwenderisch haushielt wie mit der CO2-Belastung für das Weltklima: Selbst ein phlegmatischer Cayenne V6 ließ sich nicht unter 14 Litern bewegen, Cayenne S und Turbo kamen sogar auf 16 bis 20 Liter Superplus.
Endlich hat man in Zuffenhausen umgedacht und einen Cayenne auf Räder gestellt, der nicht nur schön, sondern auch verblüffend sparsam ist. Obwohl um 4,8 Zentimeter in der Länge gewachsen, wirkt der neue Cayenne optisch filigraner. Durch Leichtbau hat der auf 4,85 Meter angewachsene Luxusschlitten stolze 180 Kilo Gewicht im Vergleich zum Vorgänger abgespeckt.
Der überarbeitete 3,0-V6-TDI aus dem Audi-Regal verfügt jetzt über eine ZF-8-Gang-Automatik mit Start-Stopp. Sobald der Motor warm ist, kappt die Motorelektronik sanft die Kraftstoffzufuhr und der Drehzahlmesser purzelt an der Ampel auf die Nullmarke zurück. Sobald der Fahrer die Bremse wieder loslässt, springt der flüsterleise Diesel ruckfrei wieder an. Allein das spart im Stadtverkehr mehr als 20 Prozent Kraftstoff.
Während der Fahrt spart der Porsche Diesel durch Bremsenergie-Rückgewinnung. Das heißt, die Lichtmaschine lädt die Batterien nur beim Bremsen oder beim Dahinrollen mit Schubabschaltung. Beschleunigt der Fahrer, wird der Generator zur freien Kraftentfaltung abgekoppelt. Nichts bremst, alles macht der Common-Rail-Diesel so verlustfrei wie möglich, seine Kraft an die vier permanent angetriebenen Räder zu leiten. In Verbindung mit der aerodynamisch ausgefeilten Form erreicht der erleichterte Cayenne somit Fahrleistungen, die einem Sportwagen in nichts nachstehen: Von Null auf 100 km/h sprintet der neue in 7,8 Sekunden (alt: 8,3 s) und erreicht maximal 218 km/h (alt: 214 km/h). Dabei darf der Cayenne Diesel mit seinen 550 Newtonmetern Drehmoment bei 2000/min durchaus zu den Bullen unter den SUVs gezählt werden. Ein zarter Tritt aufs Gaspedal reicht und die Insassen werden vehement in den Sitz gepresst. Einziger subjektiver Unterschied zum viel schluckfreudigeren Benziner Cayenne S: Die Schubkraft dauert nur von 1500 bis 3500/min. Beim Benziner reicht sie bis jenseits der 6000.
Der drehmomentstarke Diesel eignet sich vortrefflich zum Kraftstoff knausern. Nur 1.500 Umdrehungen reichen ihm, um in den jeweils nächst höheren Gang zu schalten. Bereits ab 85 km/h darf im achten Gang chauffiert werden. Geschaltet wird wahlweise automatisch oder über die serienmäßigen Schaltwippen am Lenkrad. Wer dabei in der Ebene auf die Verbrauchsanzeige achtet liest dann gar erstaunliche Werte von unter fünf Litern Diesel auf 100 km ab. Auf der 375 Kilometer langen Testfahrt von Zürich nach Losheim kamen wir bei Autobahntempo 120-130 km/h auf einen sensationellen Verbrauch von nur 6,7 Liter auf 100 km. Das ist kaum mehr als ein durchschnittlicher Mittelklassekombi. Da soll noch mal einer sagen, der Cayenne ist ein böses Auto.
Text und Fotos: Oliver Lauter