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Keith Richards: Life.
Heyne Verlag; 26,99 Euro.

Auf den ersten Seiten schon geht es unter anderem um Tuinal – eine Barbiturat-Kombination, die mittlerweile nicht mehr erhältlich ist. Keith Richards scheint sie in seinen wilden Zeiten konsumiert zu haben wie andere Menschen vielleicht Eukalyptusbonbons oder Sahnekaramellen – außerdem allerlei, was die (auch illegale) Chemikalienproduktion hergab. Aus gutem Grund findet sich der ausdrückliche Hinweis: Machen Sie das bloß nicht nach!, und Richards' Schilderungen sind so eindringlich, dass ein Nachahmungseffekt tatsächlich nicht zu befürchten ist.

Die Stones-Legende ist mittlerweile fast 67 und in einem ebenso fast normalen Leben angekommen. Zuvor glich sein Leben einer einzigen Achterbahn, die er mit unglaublich trockenem Humor kommentiert. Keine Spur von selbstgefälliger Rückschau ohne wirkliche Inhalte, stattdessen eine Fülle von Anekdoten, die mehr als einmal einen lehrreichen Kern in sich haben.

Angefangen haben die Rolling Stones ihre Karriere beim renommierten Schallplatenlabel Decca. Das führt Keith Richards allein darauf zurück, dass dort schon die Beatles abgeblitzt waren – für nicht erfolgsversprechend befunden. Noch eine Fehlentscheidung dieser Art hätte den Manager seinen Job gekostet – und so kamen die wilden Steine zum Zug.

Denen übrigens ihr Image als Gegenpol zu den braven, gesitteten Liverpooler Pilzköpfen nicht nur von PR-Strategen diktiert wurde – sie selbst pflegten es nach Kräften. Hinter den Kulissen sah das ganz anders aus, da verstanden sich allesamt ausgesprochen gut.

Wesentlich geht es natürlich um die Musik, und da kommt der geneigte Leser aus dem Staunen nicht mehr raus: As Tears Go By etwa, mit dem Mick Jaggers Lebensabschnittsgefährtin Marianne Faithfull einen Hit landete, entstand unter heftigem Produktionsdruck. Richards erzählt, wie der Stones-Manager ihn mit Mick Jagger einsperrte – und erst befreite, als wenigstens ein Lied fertig war. Gegen die Prognosen der Beteiligten wurde es ein Erfolg. Bei The Last Time waren sich hingegen alle über das Hitpotential einig – bloß dauerte es bis zur fertigen Fassung ungleich länger.

Eine große Portion seines Charmes entwickelt Life aber auch wegen des Hintergrunds der frühen sechziger Jahre. In den geradezu unglaublich geordneten britischen Verhältnissen mussten die frech-fröhlich-unbekümmert auftretenden Musiker, die mal eben die Zwanzig überschritten hatten, wie ein sehnlich erwarteter frischer Wind daher kommen.

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