Liebe Leserinnen!
Liebe Leser!

Die Nachricht der Woche – sollte man meinen – kam eigentlich sehr früh, genauer gesagt am vergangenen Sonntag um 15.43 Uhr unserer Zeit. Da nämlich fuhr Sebastian Vettel in Abu Dhabi als Sieger des letzten Formel-1-Rennens dieser Saison über die Ziellinie. Als nur wenige Sekunden später feststand, dass sein härtester Widersacher im Kampf um die Krone der Formel-1-Weltmeisterschaft, der Spanier Fernando Alonso, im Ferrari nur auf Rang sieben landete, stand fest: Der Junge aus Heppenheim mit dem Lausbubengesicht hatte das Unmögliche doch noch möglich gemacht und war im allerletzten Rennen des Jahres noch Weltmeister geworden. Der zweite Deutsche nach Michael Schumacher und der jüngste seiner Zunft in knapp 60 Jahren Geschichte der höchsten Klasse des Motorsports.

Seitdem vergeht kaum noch eine Nachrichtensendung, in der der Name Sebastian Vettel nicht fällt. Vettel in Salzburg, Vettel in England, Vettel wieder in Abu Dhabi, Vettel aber noch nicht daheim. Es ist so etwas wie eine Art Messias-Treiben auf den jungen Mann ausgebrochen, der ja eigentlich nur eines will: Möglichst schnell Auto fahren, schneller als jeder andere auf dieser Welt und das ein ganzes Jahr lang. Von ein paar Wochen Testverbot einmal abgesehen.

Aber war die Nachricht vom Formel-1-Triumph des Red-Bull-Piloten, der mit seinen 23 Jahren als Vermarkter des eigenen Namens auch schon mehrfacher Millionär sein dürfte, wirklich die wichtigste Mitteilung aus dem Automobilsektor in dieser Woche? Es ist, wie folgendes Beispiel zeigt, einfach alles relativ in diesem Leben und jeder empfindet Dinge anders und persönlicher, wenn es ihn/sie und das eigene Lebensumfeld betrifft.

In meinem persönlichen Bekanntenkreis gibt es eine junge Familie, der es derzeit nicht gut geht. Der Vater, gerade mal Mitte 30, hat seinen Arbeitsplatz verloren. Schon vor einem Jahr hat seine Firma im Metallbereich pleite gemacht. Einfach so, fast wie aus dem Nichts, wie den Betriebsangehörigen kurzfristig mitgeteilt wurde. Ein Kind ist bereits da, ein zweites soll folgen. Wenn es uns wieder etwas besser geht, sagt die Mutter, die morgens Zeitungen austrägt. Bei uns zu Hause im ländlichen Raum nutzt sie da mitunter das eigene Auto, um auf entlegene Höfe zu kommen. Einen Renault Clio, der bereits in die Jahre gekommen ist und der sich nun mit allerlei Wehwehchen an Verschleißteilen herum plagt.

Ich hoffe, dass das Auto uns jetzt keinen Strich durch die Rechnung macht, eine größere Reparatur würde uns in arge Schwierigkeiten bringen, hat mir der Familienvater in dieser Woche auf der Straße erzählt. Das Auto als Grundlage des Familien-Unterhaltes. Ein Auto, das möglichst noch lange seinen Dienst verrichten soll, ohne dass irgendwo ein paar hundert Euro (oder mehr) an Werkstatt-Obolus fällig werden. Die Nachricht der Woche ist für diese kleine Familie bestimmt nicht der millionenschwere Red Bull Sebastian Vettels, sondern der kleine Clio, der ein paar zusätzliche Euro einfahren soll. Über Sebastian Vettel und seinen WM-Triumph verloren wir beide übrigens kein Wort. Ich glaube auch, es war dem jungen Familienvater auf Deutsch gesagt sch… egal.

Mit diesen etwas nachdenklichen Gedanken darüber, was wann für wen wirklich wichtig ist im Leben, entlasse ich Sie in ein hoffentlich sorgenfreies Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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