Buchtipp der Woche

Beitragsbild
Foto 1

Michael Herzig: Die Stunde der Töchter.
Grafit Verlag; 9,50 Euro.

Der Sänger ist unerträglich. Seine Stimme ist zum Kotzen. Sein Geruch ebenfalls.
Stur schrubbt sie ihre Zähne. Das Spülbecken ist voller roter Flecken. Sie dreht den Hahn auf. Das Wasser fällt über die schleimige Flüssigkeit her und löst das Rot in ein farbloses Nichts auf. Sie spült die Zahnbürste. Mit der linken Handfläche schrubbt sie das Waschbecken sauber. Dann dreht sie den Wasserhahn zu. Die Bürste stellt sie zurück in den Zahnputzbecher. Jener, den ihre Tante ihr geschenkt hat. Mit einem Motiv aus der griechischen Mythologie. Es zeigt den Kriegsgott Ares zusammen mit Athene, der Göttin der Weisheit. Ihre Tante ist Archäologin. Sie ist häufig unterwegs. In Italien, Griechenland. Von ihren Reisen bringt sie Geschenke mit. Ein T-Shirt, einen Schal. Zu diesem Becher hat eine Zahnbürste gehört. Damit hat ihr Bruder dieZündkerzen seines Motorrades geputzt. Der Gesang draußen hat sich in Grölen verwandelt.

Als Kevin von Kranach, verdeckter Ermittler für illegalen Kunsthandel, Johanna di Napoli um Hilfe bittet, gerät die kämpferische Kriminalbeamtin der Zürcher Stadtpolizei in einen Konflikt: Denn Bernhard Stämpfli, ein Kunsthändler von zweifelhaftem Ruf, ist nicht nur das Zielobjekt von Kranachs Observationen, sondern auch der Vater ihrer ehemals besten Freundin Tamara. Er wird verdächtigt, im großen Stil mit Raubgut aus dem Nationalmuseum in Bagdad zu handeln, aber bislang fehlen die Beweise.

Als Stämpfli entführt wird, ist klar, dass in der Geschichte noch jemand mitmischt, den die Polizei bislang nicht auf der Rechnung hatte. Johanna tippt auf den Zürcher Milieukönig Werner Hügli und heftet sich an die Fersen ihres alten Intimfeindes. Aber der ist im Vergleich zu den wahren Unterweltsgrößen nur ein kleines Licht.

Wer die Welt der Kunst aus einer nicht ganz so hehren, aber dafür umso spannenderen Perspektive heraus erleben will, liegt mit diesem Krimi genau richtig.

Nach oben scrollen