Buchtipp der Woche

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Sebastian Schnoy: Smörrebröd in Napoli. Ein vergnüglicher Streifzug durch Europa. Rowohlt Taschenbuch Verlag; 8,95 Euro.

Im wirklichen Leben ist sie so gut wie ausgestorben, bestehen doch in den Großstädten Deutschlands bis zu 60 Prozent der Haushalte aus nur einer Person. Betrachtet man allerdings die Bemühungen um das zusammenwachsende Europa, so ist zumindest hier die Großfamilie aktueller denn je. Denn als genau dies sieht Sebastian Schnoy die verschiedenen Staaten, die sich bei aller Eigenständigkeit um Einheit bemühen. Europa ist eine Großfamilie, und wie das so ist, hat die ihre Macken und Tücken, aber hätte sie keine, wäre sie als Gesellschaftsmodell schließlich indiskutabel langweilig. Um dies also vorwegzunehmen: Sebastian Schnoy ist klarer Befürworter eines einigen Europa, für ihn wächst da zusammen, was auch wirklich zusammen gehört.

Die Eltern, das sind Deutschland und Frankreich. Und ausgerechnet beim Autofahren sind die Elternteile sich furchtbar uneins. Der eine sieht das Auto sehr pragmatisch, entsprechend lange wird es gefahren, ohne sich um die Optik zu kümmern, und Parkrempler sind noch nicht mal eine Erwähnung wert. Und für den anderen ist der Parkrempler nichts anderes als der sichtbare Teil eines unter dem Blech verborgenen technischen Schadens. Für Sebastian Schnoy ist der Ausweg aus dem Dilemma klar: Man kann viel voneinander lernen, wenn Sichtweisen stark voneinander abweichen. Man muss das eben nur wollen.

Ohne guten Willen geht in der Großfamilie sowieso nichts. Schon gar nicht, wenn die Tante mit von der Partie ist. Hier heißt die Tante Großbritannien und hat zu beiden Eltern ein von Spannungen nicht ganz freies Verhältnis, um es einmal vorsichtig zu formulieren. Das führt Sebastian Schnoy unter anderem auf Margaret Thatcher zurück, die Helmut Kohls Pläne der deutschen Wiedervereinigung liebend gerne durchkreuzt hätte, aber darin an der eigenen Regierung seinerzeit scheiterte, und die auch vom französischen Amtskollegen Mitterrand nicht viel hielt, der für sie mit dem von ihr auch nicht besonders geschätzten Helmut Kohl sowieso viel zu gut dran war.

Das Familiengeflecht ist natürlich noch viel weiter verzweigt, mit Cousinen und Kindern und einem Onkel – so wird aus dem Büchlein des Kabarettisten Schnoy eine lustige Mischung aus Erdkunde, Geschichte und Politik. Wie gut der Mann Europa im Blick hat, kann man durch eine Fahrt in eines der beschriebenen Länder gerne selbst testen.

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