Von Käse, Krümeln und Kartons – Jürgen C. Brauns Tour-Tagebuch
Oft schon durch gefahren bei der Tour, oft schon – wenn einer der Kollegen fährt – mal einen Blick auf die so bizarre Landschaft geworfen. Aber: Sie ist doch in jedem Jahr wieder anders, diese Pyrenäenwelt. Sie hat nicht das majestätisch beeindruckende der Alpen, nicht das gastfreundliche, einladende Bienvenue der auf Tourismus frisierten Dörfer oder der Anlaufstationen zur nächsten Skistation. Nein sie ist wild, zerklüftet, manchmal ein wenig unheimlich und einfach nur eindrucksvoll.
Das aber will nicht heißen, dass es in den eher ärmlichen Pyrenäen keine lokalen Kostbarkeiten gibt, derer man habhaft werden und deren man sich später auch erinnern sollte. In der Nähe des Peyresourde, wo wir am Freitagabend eine kleine Pension zum Übernachten gefunden hatten, gab es beispielsweise eine Käserei, in der das für diese Region typische Gold der Pyrenäen hergestellt wird. Die Schafe der Pyrenäen liefern nicht nur Wolle und Fleisch, sie produzieren auch die Milch für einen landestypischen Käse, den fromage pur brebis. Das Rezept wird heute noch von Generation zu Generation weiter gegeben, bis zu acht Monate muss der Laib reifen, wobei regelmäßig der sich breit machende Schimmel entfernt werden muss. Heraus kommt dabei ein würziger, manche würden sagen, strenger Geschmack, der irgendwie auch seiner Umgebung, in der er produziert wird, ähnelt. Ungewöhnlich, ausdrucksstark und charaktervoll eben.
So ein Käse, werden wir wahrscheinlich auch am Montag denken. Dann nämlich ist der zweite Ruhetag und für uns drei nicht nur die Gelegenheit, sondern auch die Pflicht, unseren Ford Mondeo Turnier einmal einer gründlichen Putzaktion zu unterziehen. Was sich da in gut zwei Wochen trotz mehrmaligem Aufräumen light ansammelt, wissen wir aus vielen Jahren Tour-Erfahrung. So ungefähr 15 bis 20 Tüten mit französischen Zeitungen, Ausdrucken, Unterlagen sind gang und gäbe. Ab und zu findet sich auch der ein oder andere etwas angegraute Müsliriegel oder eine leicht angeschwärzte Banane, die noch aus der Bretagne stammt, darunter. Und über ein paar Krümel französischen Weißbrotes, das zur Nahrungsaufnahme während der Etappen dient, regen wir uns schon gar nicht mehr auf. Drei Koffer, fünf größere und ein paar kleinere Taschen, ein paar – Ach da sind sie ja – seit einigen Tagen gesuchte abgewetzte Sandalen. Es sammelt sich so einiges an, wenn man die Tour begleitet und dabei in punkto Verpflegung, Ordnung und manchmal auch Sauberkeit einen gewissen Hang zum Improvisieren entwickelt. Was soll's, Kartons würden nur stören, und nach gut einer Stunde sieht der Kölner Kombi auch von innen wieder (fast) wie neu aus.
Ein paar Unverbesserliche gibt es übrigens auch hier unten im südlichsten Teil Frankreichs oder gar in Spanien. Die Leistungen der jungen deutschen Fahrer wie Fothen, Wegmann oder Sinkiewitz werden da wohl nur am Rande gewürdigt, und der, der wegen des Betrugsverdachtes nicht dabei ist, immer noch als alleiniger Heilsbringer erkoren (siehe dazu neben stehendes Bild, gesehen in der Nähe von Pau). Wenn schon, so meine unmaßgebliche Meinung, dann zumindest orthographisch angemessen. Denn besagtes Bauwerk befindet sich nun nicht mal zwischen Trier und Köln.
In diesem Sinne, eine angenehme und stressfreie dritte Tourwoche.
Ihr Jürgen C. Braun