Spaß und Risiken: Stromer bilden im Motorsport eine eigene Gefahrenquelle

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Motorsport macht Spaß. Das werden vor allem diejenigen bestätigen, die ihn selbst ausüben. Aber auch jene, die immer wieder an die Rundstrecken und an die Wertungsprüfungen pilgern, um sich die Rennen der verschiedenen Serien auf zwei oder vier Rennen an zu sehen, sind dieser Meinung.

Motorsport ist aber nicht frei von Risiken. Denn überall, wo Geschwindigkeit im Spiel ist, wo Mensch und Technik an ihre Grenzen gehen, werden Kausalitäten in Frage gestellt. Vor allem deswegen wird das Thema Sicherheit bei derlei Veranstaltungen groß geschrieben. Mit Vorsorge beim Streckenbau, mit Streckenposten, Bergungstrupps und medizinisch ausgebildeten Helfern in sogenannten „Intervention Cars“.

Doch wie die gesamte Automobiltechnik hat sich auch der Motorsport weiter entwickelt. Er wird zwar immer noch (fast) ausschließlich mit Fahrzeugen betrieben, die ihre Leistung aus einem Verbrennungsmotor beziehen. Aber eben nur fast. Im Jahre 2012 wurde die sogenannte FIA Formula E Championship ins Leben gerufen, das erste Rennen wurde zwei Jahre später gefahren. Audi und der Zulieferer Schaeffler dominieren derzeit die weltweite Serie. Porsche und BMW werden werksseitig im nächsten Jahr als offizielle Hersteller in diesen zukunftsträchtigen Wettbewerb einsteigen.

Wie im Großen, so ist es auch im Kleinen. In Wolsfeld in der Südeifel wurden jetzt zum ersten Mal bei einem Bergrennen drei E-Mobil-Wertungsläufe mit dem Prädikat Deutsche Automobil-Bergmeisterschaft gefahren. Zwar nur sieben von insgesamt 186 gestarteten Fahrzeugen, aber immerhin. Ein Anfang wurde gemacht.

Doch der Umgang mit Elektro-Fahrzeugen, vor allem im Rennsport, steht unter ganz anderen sicherheitstechnischen Aspekten als bei einem Verbrenner. Wir hatten vor Ort die Gelegenheit, mit Betroffenen zu sprechen.

Was muss bei der Bergung eines havarierten Stromers, bei der Hilfeleistung für einen verunfallten Fahrer, besonders beachtet werden, wollten wir wissen. Dr. Matthias Purfürst aus Cottbus ist Arzt und selbst aktiver Motorsportler. Der Arzt hat sich als Mitglied des „Intervention Cars“ einen Ruf als Spezialist bei Unfällen mit Elektro-Fahrzeugen im Motorsport einen Namen gemacht. Und das Kaleidoskop des Unwägbaren ist nicht gering: Stromschlag-Gefahr nach einem Fahrzeugbrand, Selbstentzündung, Giftgase! „Elektro-Fahrzeuge bergen neue Risiken. Die Bedrohung zu erkennen ist schon im Alltagsbetrieb schwierig. Bei Rennen müssen ganz besondere Vorkehrungen getroffen werden“, sagt er.

Einer der Unterschiede: Ein Fahrzeug, das bei einem Bergrennen einen Unfall hatte, kann plötzlich unerwartet bergab rollen. Denn im Gegensatz zum Verbrennungsmotor, bei dem ein laufender Motor die Gefahr signalisiert, erzeugt ein Elektroauto kein Geräusch. Wenn die Batterie eines Stromers brennt, können zusätzliche giftige Gase entstehen. Der Experte klärt weiter auf: „Ist ein Fahrzeug bei einem Bergrennen nach dem Aufprall in Reifenstapel oder Leitplanke stark deformiert, können Hochvolt-Bauteile, die herausgerissen wurden, gefährlich sein, wenn man sie ohne Schutzausrüstung berührt.“ Auch Tage nach einem Unfall könne sich die Batterie neu entzünden.

Die medizinischen Ersthelfer müssen andere Dinge bedenken und präventive Maßnahmen ergreifen: Beim Bergrennen um die deutsche Meisterschaft gingen Renault Zoe, Opel Ampera, BMW i3, Porsche Panamera E-Hybrid an den Start: Vom Motorsportclub (MSC) Osnabrück, der seit Jahren mit konventionellen Fahrzeugen in der Eifel vor Tausenden von Zuschauern an den Naturtribünen zu Gast ist, ging die Initiative aus, im Rahmen der Deutschen Automobil-Bergmeisterschaft eine eigene Serie für vollelektrische Autos und Hybriden zu schaffen. Der Verein erhielt dafür den Umweltpreis des Deutschen Motorsportbundes. Der „E-Mobil-Bergcup“ war 2015 Initialzündung für die Bildung einer eigenen nationalen Meisterschaft. Er findet inzwischen unter dem Dach des ADAC statt. Im Moment werden, einschließlich Wolsfeld, drei Läufe der neuen Serie pro Jahr gefahren.

Wie auch Purfürst ist Dr. Horst Werner (Bitburg), der medizinische Einsatzleiter in Wolsfeld, erfahrener Motorsportler. Beide stimmten sich im Vorfeld ab: „Im Intervention Car liegen die Schaltpläne vor, um den Stromkreislauf zu unterbrechen. Wir wissen, was zu beachten ist, wenn wir einen Fahrer in einem verunfallten E-Mobil Hilfe versorgen müssen.“

Und was sagen die Fans? Bei denen halten sich Akzeptanz und Vorurteil die Waage. Das Thema polarisiert. „Ich kann damit nichts anfangen. Motorsport lebt auch von der Akustik. Diese Dinger da sind mir suspekt“, sagte uns ein junger Mann aus dem benachbarten Luxemburg. Er ist Stammgast in Wolsfeld. Eine langjährige Besucherin aus Hauenstein in der Pfalz, wo ebenfalls Bergrennen gefahren werden, ist dagegen anderer Meinung: „Es werden in Zukunft immer mehr Elektro-Fahrzeuge sein. Wir müssen die Vorurteile ablegen“, glaubt sie.Die Zukunft wird zeigen, wer Recht hat.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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