Der Kilometerstand kann bei Automodellen mit digitalen Tachometern ohne großen Aufwand manipuliert werden – nicht nur im Kombiinstrument, sondern auch in allen anderen Steuergeräten. Als Schutz gegen Tachobetrug fordert der ADAC jetzt statt neuer Datenbanken die Verwendung von HSM-Chips (Hardware Security Module) auch für die fälschungssichere Speicherung von Kilometerständen. Nach Schätzungen von ADAC und Polizei ist inzwischen bei jedem dritten Gebrauchtwagen der angezeigte Kilometerstand manipuliert und gutgläubige Käufer zahlen damit allein in Deutschland pro Jahr rund sechs Milliarden Euro mehr, als nach der Laufleistung angemessen wäre. Das Verändern des angezeigten Kilometerstandes „nach Wunsch“ kann mit Geräten zur „Tachojustierung“ durch Dienstleister in Betrieben oder sogar mobil erfolgen und dauert oft nur wenige Minuten. Entsprechende OBD-Dongles (zum Aufstecken auf die Diagnosebuchse des Autos) sind frei erhältlich, sogar von Privatanwendern einsetzbar und kosten teilweise weniger als 100 Euro.
In die politische Diskussion über den Schutz vor Tachobetrug werden jetzt wieder sogenannte Kilometerstands-Datenbanken eingebracht: So machte sich vor wenigen Tagen Niedersachsen bei der Verkehrsminister-Konferenz in Hamburg für eine „Car-Pass“-Datenbank stark, in die der aktuelle Kilometerstand bei jedem Werkstatt-Aufenthalt oder einer Hauptuntersuchung durch Prüfdienste gebührenpflichtig (!) eingetragen werden soll. In Belgien dürfen Gebrauchtwagen bereits nur mit einem Car-Pass-Zertifikat für etwa 10 Euro verkauft werden – ohne dass dabei die Echtheit des Kilometerstandes bei der Eintragung garantiert wird!
Den besten Schutz vor Tachobetrug sieht der ADAC in einer technischen Lösung, also der manipulationssicheren Speicherung des tatsächlichen Kilometerstands direkt im Fahrzeug. Die nötige Technik zur Abhilfe stellen nach Ansicht von Deutschlands größtem Automobilclub HSM-Chips (Hardware Security Module) dar, deren Inhalt zumindest teilweise nicht überschreibbar ist. Diese sind derzeit schon in vielen Steuergeräten verbaut. Allerdings werden sie nicht zum Schutz gegen Tachobetrug verwendet, sondern gegen Diebstahl und Chiptuning.
Eine Nutzung der HSM-Chips auch gegen Tachobetrug würde nach Einschätzung von Reinhard Kolke, Leiter ADAC Test und Technik, weniger als einen Euro pro Auto kosten. BMW setzt diese Chips wider den Tachobetrug nun als erster Hersteller beim neuen 7er BMW ein. Beim Datenbank-Modell würden dagegen laufende Kosten für die Einträge und deren Abruf anfallen. Gleichzeitig wäre nicht sichergestellt, dass die Kilometerstände bei der Feststellung nicht schon vorab laufend verfälscht wurden.
Text und Fotos: Karl Seiler