Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Eines der zentralen Themen aus der vergangenen Woche rund um das Automobil und den Verkehr ganz im Allgemeinen hat uns Alle, auch in den Tagen dieser Woche noch, ziemlich beschäftigt. In der Vorwoche nämlich stand in Goslar, wo sich Juristen, Wirtschaftswissenschaftler und Verkehrsexperten beim Deutschen Verkehrsgerichtstag regelmäßig treffen, ein ganz brisantes Thema an: Eines, das beileibe nicht neu ist, aber eines, an dem sich die Geister immer wieder scheiden: Sollen sich Menschen ab einem bestimmten Alter untersuchen lassen, ob sie noch verkehrstauglich sind? Soll man dieser Zielgruppe ein solches Ansinnen mit vorsichtigen Worten nahelegen, oder soll man sie gar von Gesetzes wegen dazu verpflichten?

Wie schnell man dabei über das Ziel hinaus schießen kann und sich dem Vorwurf der Diskriminierung ausgesetzt sieht, hat man in verschiedenen Zeitungsartikeln, Radiobeiträgen, ja sogar in einer Fernseh-Talkshow in dieser Woche gesehen. Was wohl in erster Linie daran liegt, dass die Großzahl der Debattierenden nicht zum betroffenen Personenkreis gehört, mit absoluter Sicherheit aber irgendwann einmal dazu gehören wird, wenn der betreffenden Person nicht vorher etwas Schlimmes zustoßen sollte. Vor dem Älterwerden ist nun mal keiner verschont. Vielleicht so etwas wie das letzte Stück Gerechtigkeit in einer Welt, deren Besitztümer immer ungerechter verteilt werden. Aber wenn jüngere Menschen Älteren Ratschläge geben oder über ihr Verhalten, ihr Tun und ihre Befindlichkeiten urteilen sollten, dann ist der Krach eigentlich vorprogrammiert.

Leider wird das auch nach dem 55. Verkehrsgerichtstag so bleiben. Zumindest in puncto Senioren und Nachschulung oder Begutachtung des Fahrvermögens. Es ist, und das ist gut so, kein allgemeingültiges Pauschalurteil zu fällen. Es gibt junge Menschen, die gerade erst die Fahrerlaubnis bekommen haben, die mit erstaunlicher Um- und Einsicht hinter dem Lenkrad zu Werke gehen. Aber es gibt auch welche, die einer inneren Eingebung folgend, glauben, sie seien als verhinderter Formel-1-Pilot oder als Asphaltcowboy auf die Welt gekommen.

Ähnlich divergierende Verhältnisse findet man oft auch zwei Generationen früher vor. Da gibt es Personen, die es während eines ganzen Menschenalters nicht gelernt haben, mit dem Automobil standesgemäß umzugehen, dies aber partout nicht einsehen wollen. Und dann gibt es wieder Frauen und Männer, die an ihre eigenen Fähigkeiten mit gesundem Einschätzungsvermögen herangehen und sich selbst die Frage stellen: soll ich oder soll ich nicht? Sich zunächst nämlich einer Inspektion der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten unterziehen und dann vielleicht sogar aus eigenem Antrieb heraus die Fahrerlaubnis freiwillig abgeben.

Vorgeschriebene Fahreignungstestes für Senioren, so wurde in Goslar beschlossen, soll es vorerst nicht geben. Warum auch, frage ich? Muss man uns Deutschen eigentlich alles vorschreiben, alles mit Paragrafen regeln? Sollte letzten Endes nicht das entscheiden, was man unter dem viel zitierten „gesunden Menschenverstand“ versteht? Doch bevor diese Frage endgültig beantwortet sein wird, werden wohl noch einige weitere Verkehrsgerichtstage ins Land ziehen müssen.

Leider!

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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