Trial: Die Hohe Kunst der 4×4- Fraktion

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Die Zeit spielt kaum eine Rolle, meistens gar keine, solange sich Fahrer und Fahrzeug in einem vom Veranstalter vorgegebenen Zeitfenster bewegen: Gelände-Trial. Wer mit seinem 4×4- Fahrzeug in abgesperrtes, verworfenes Terrain mit Kuppen, Senken, Tälern, Gräben, Steilstücken und Traversen einfährt, muss genau wissen, was ihn dort erwartet. Kluge Teilnehmer an Trial- Veranstaltungen gehen vor dem Start erstmal alle Parcours- Prüfungen zu Fuß ab und machen sich ein inneres Roadbook, bei dem besondere Charaktereigenschaften der einzelnen Sektionen im Kopf gespeichert werden. Bereits hier und jetzt werden wichtige Vorentscheidungen getroffen über Gangwahl, Drehzahl, Lenkeinschlag und andere wichtige Parameter. Ein mehr oder weniger versteckter Seitenblick auf Mitbewerber bei der Arbeit kann auch nicht schaden. Es ist eine Herausforderung, die sich zwischen dem endlosen Zenith des Himmels und dem Tal der Tränen abspielt. Jeder gegen jeden und immer ganz alleine verantwortlich, es sei denn, ein Bei- Fahrer ist erlaubt und gibt vom heißen Sitz her hautnahe Tipps an den Fahrer. Das Ziel ist der Weg, der optimal gefunden werden muss, meist in nerviger Millimeterarbeit unter stets höchster Konzentration. Wichtig zu wissen für den Fahrer: in welchem Gang liegt das fürs Gelände beste Drehmoment des Motors, wo muss ich die Drehzahl anheben und Schwung mitnehmen, wo mal die Kupplung etwas schleifen lassen (aber nicht zu oft, sonst verglüht sie!). Da die meisten echten Geländewagen, bedingt durch Allradantrieb plus Gelände- Reduktionsgetriebe ein aus der Fahrzeugmitte versetztes Lenkgetriebe besitzen, ist auch der Lenkeinschlag nach links oder rechts unterschiedlich: die jeweiligen Radien sind größer/ kleiner. Das sind Dinge, die man bereits vorher verinnerlicht haben sollte. Gewertet werden die Fehler, die beim Durchmessen der Sektionen anfallen: wem am wenigsten Fehler unterlaufen sind, der liegt eben ganz vorne. Geschultes Personal aus der Allradszene hält an jedem Hindernis mit wachem Auge alles fest, was wertungsrelevant ist.

Ein scharfes Auge und die Fähigkeit, bereits vor dem Start den individuellen Charakter des Hindernisses richtig einzuschätzen, sind eine Grundvoraussetzung. Und sie entscheiden mit darüber, ob man heil und fehlerfrei durch die Sektion kommt oder sein Fahrzeug auf den Seitenscheiben oder gar auf dem Dach parkt. Millimeter entscheiden da oft zwischen Pokal und Bergegurt. Ein Hobby für Freaks, natürlich, eines, das bei behutsamer Fahrweise und Können auch ausgesprochen preiswert geraten kann. Schließlich sollte für die meisten die Devise gelten, möglichst schrammen- und dellenfrei den Heimweg antreten zu können. Doch auch im Trial- Sport hat die Hightech Einzug gehalten: der Amateursport wird mehr und mehr durch semi- oder vollprofessionelle Teams unterwandert. Deren Fahrgeräte auf Spezialanhängern zur Veranstaltung gebracht, haben meist nur noch wenig gemeinsam mit den Serienmobilen: Viel Power unter der Haube, Allradlenkung, manuell einzeln zu bedienende Bremsen für jedes Rad und so genannte Igel- oder Paddelreifen mit allerhöchstem Grip- Niveau. Wer unter den Hobbyfahrern mit Allrad, sperrbarem Mittel- und/oder sperrbarem Hinterachsdifferenzial aufwartet, zudem den Vorteil satten Drehmoments eines Dieseltrieblings nutzen kann, der hat gute Karten, viel Spaß und vor allem: er kennt sein Fahrzeug in- und auswendig, was wiederum der Verkehrssicherheit zugute kommt.

Text: Frank Nüssel/CineMotBilder: 4x4pasion.com /Frank Nüssel

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