Der Veranstalter ASO hatte für die 6. Südamerika-Dakar versprochen, einige Facetten mehr einzubauen als in den letzten 5 Vorjahren: längere Etappen, selektivere Wertungsprüfungen, insgesamt noch mehr Kolorit. Soll bedeuten: Für die unterschiedlichen Antriebskonzepte und Motorleistungen noch differenziertere Streckencharaktere. Also für die Allradler ebenso besondere Streckenprofile wie auch für die bis über 400 PS starken, nur Hinterrad angetriebenen Buggies. Das konnte ja lustig werden. Und wurde es auch. Nur nicht eben für alle Favoriten.
Laut Carlos Sainz, der mit dem Deutschen Timo Gottschalk einen SMG-Buggy des französischen Herstellers Philippe Gache pilotiert: Sehr kurvenreich, winklig, ja sogar hakelig, nicht gerade für unsere (Kollege Cabot fährt ein identisches Auto) Buggies optimal, aber unsere Highspeed-Passagen, auch in den Dünen, kommen ab der 5. Etappe. Meine spezielle Philosophie: Die Abstände an den ersten 4 Tagen zu den Führenden nicht zu groß werden lassen und keine gravierenden Fehler zu machen, um dann ab dem 5. Tag voll auf Angriff zu setzen, ich bin schließlich hier, um in Südamerika meinen zweiten Gesamtsieg einzufahren. Aber: Vor den Preis haben die Götter den Schweiß gesetzt und die Konkurrenz ist übermächtig. Erste Überraschung: Carlos Sousa, der versierte Portugiese, hat die erste Etappe auf einem HAVAL aus China gewonnen (Sie erinnern sich aus der Vorberichterstattung an dieser Stelle: ein dem BMW X3-CC sehr, sehr ähnliches Fahrzeug). Auch der 2. Platz an diesem Eröffnungstag sorgte für hoch gezogene Augenbrauen: Orly Terranova auf dem Werks-MINI von X-raid( 307), gleich dahinter. Und MINI-Newcomer Nasser Al Attiyah (Nr. 301)gleich mal auf Rang 3. Der meinte aber nach der Zielankunft: Bin vorsichtig unterwegs gefahren, muss das Auto erstmal kennenlernen im Rennseinsatz, wobei die derzeitige Fahrwerksabstimmung nicht gerade meinem Fahrstil entgegen kommt, da müssen wir heute im Camp noch etliches verändern. Von dieser Seite ist sicher noch einiges zu erwarten, wer den Qatari aus früheren Rennschlachten kenn… Wo bleibt Peterhansel? Naja, er hatte alle Fäden in der Hand, war auf Tagessiegkurs unterwegs und fing sich dann einen schleichenden Platten ein, der das Fahrverhalten seines MINI (Nr. 300) so abenteuerlich modulierte, dass sich Chef Peterhansel 30 km vor der Zielflagge entschied, doch endlich das Rad zu wechseln: Die Rallye ist noch lang und noch nie hat hier derjenige gewonnen, der die erste Tagesetappe für sich entschied. Rufen im Wald oder deutlich versteckte Kampfansage für die nächsten 13 Tage? Dabei machte er sogar noch Platz für Nani Roma, der somit den 4. Platz erbte. Sainz drängelte sich auf Platz 5, dann erst durchlief Peterhansel als Tages-Sechster das Ziel. Ein weiterer der Favoriten hatte das Pech voll auf seiner Seite: Giniel de Villiers vom Toyota Team Southafrica lag vielversprechend im Gesamtklassement, bis ein Dichtring an der Servopumpe 3x seinen Dienst quittierte, zwar wieder getauscht wurde, aber eben nur 2x (dann waren die Reserveteile aufgebraucht), so dass der Dakar-Gewinner von 2009 nach dem letzten Dichtungswechsel ohne Lenkservo fahren musste: Ich bekam Oberarme wie Arnold Schwarzenegger, die Lenkung war beinhart, mein Hilux ging zwar prächtig, aber ich bekam ihn kaum um die Ecken, bin ziemlich platt jetzt, die Physio muss mich erstmal wieder auf normal kneten.
Die 12 vom deutschen X-raid-Team gemeldeten 11 MINI und ein BMW X3-CC kamen somit insgesamt auf die Ränge 2,3,4,6,11,13,18,22,25,28 und 29, was Teamchef Sven Quandt zu der Äußerung veranlasste: Wir sind sehr gut in die Dakar gestartet und haben alle 12 Fahrzeuge unter die besten 30 gebracht. Klingt ungewohnt bescheiden.
Text: Frank NüsselBilder: Teams