Die Internationale Automobilausstellung (IAA), die noch bis zum 22. September in Frankfurt / Main dauert, bietet auch diesmal jede Menge Neues und Spektakuläres. Das Ergebnis vieler Forschungen, Weiterentwicklungen und Produktionen halt. Aber mitunter sind auch die Stellen, die ein wenig abseits vom Schuss liegen, die ganz entlegenen Winkel, es wert, dass man nicht achtlos an ihnen vorüber geht. Sondern dass man sogar ganz gezielt hingeht, und ein bisschen Entdeckungs- und Zeitreise inmitten der Messe-Hektik betreibt. Das tut man in diesen Tagen in Frankfurt am besten in Halle 3.1.
Die Sonderschau „Oldtimer–Premieren der IAA 1983“ zeigt auf einem etwa 1000 Quadratmeter großen Stand in Halle 3.1 was vor 30 Jahren „up to date“ war und was – man glaubt es kaum – ab 2013 berechtigt ist, mit einem „H“-Kennzeichen auf den Straßenverkehr los gelassen zu werden. Als „historisches Fahrzeug“ und damit als fahrzeugtechnisches Kulturgut. Voraussetzung ist, dass sie original und in einem technisch einwandfreien Zustand sind. Wir haben uns in diesem Eldorado der automobilen Erinnerungen einmal umgesehen. Und wir können jedem wirklichen „Autofreund“ im wahrsten Sinne des Wortes nur raten, dieses Flecken IAA nicht achtlos beiseite liegen zu lassen.
„Wo sind sie geblieben?“ fragt ein großes Plakat auf dem IAA-Gelände, das auf das „Geschichtsbuch aus Chrom, Lack und Leder“ in Halle 3.1 hinweist. Die Stars des Jahres 1983, die noch frischen Oldtimer. Ganz am Ende von Halle 3.1 finden Exponate, die man damals sowohl als Alltagsautos, aber auch als echte „Sportskanonen“ bezeichnet hat. Für jeden Geschmack etwas also. Der ausgestellte VW Golf II von damals lässt wunderbare Rückschlüsse und Vergleiche auf die mittlerweile siebte Generation des Wolfsburger Bestsellers zu, der inzwischen über unsere Straßen rollt. Robust ist er zwar, der „Achtziger“, und kantig, aber auch ein richtiger Charakterkopf. Nicht so verspielt, wie man sich ein Fahrzeug für den täglichen Gebrauch damals vorstellte, wünschte und bekam.
Direkt daneben steht der erste Diesel aus dem Hause BMW. Ein 524td, flankiert von einem Mercedes 190, der damals schon individuelle Züge trug. Das „t“ in der Namensbezeichnung des Müncheners stand schon damals für „turbo-aufgeladen.“ Das Wort „Turbo“ prangt auch unübersehbar auf dem Heck eines Renault fuego. Das französische Sportcoupé warb mit einer spanischen Namensanleihe: „fuego“ bedeutet Feuer. Den Renault fuego befeuerte damals ein 1,6-Liter-Motor mit 132 PS. Nicht minder aufregend für die damaligen Verhältnisse waren die Proportionen des Lancia Beta Coupé VX, des Standnachbarn des feurigen Franzosen. Dank eines Roots-Kompressors brachte es dessen Zweiliter-Motor auf satte 135 PS.Es würde zu weit führen, alle Exponate an dieser Stelle einer besonderen persönlichen Würdigung zu unterziehen. Doch der Blick ins Geschichtsbuch des Autobaus ist faszinierend. Das ist in etwa so, als wolle man zu Hause mal gründlich aufräumen und habe plötzlich eine alte „Kladde“ gefunden, die dann zum nicht enden wollenden Stöbern einlädt. Neben zahlreichen Alltagsautos findet man noch richtige „Stars“ von gestern“. So auch der Titel der Ausstellung. Etwa einen Audi Sport quattro oder ein Porsche 959 mit Original Röhrl-Autogramm in der Motorhaube.
Im Übrigen: In Sichtweite der 1983er Oldie sind etliche Krankenfahrzeuge des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ausgestellt. Das DRK feiert in diesen Tagen seinen 150. Geburtstag. Die exklusive Sonderausstellung des DRK ist es ebenfalls wert, an den dortigen Exponaten einmal inne zu halten. Wer weiß: Vielleicht hat ja irgend jemand von uns einmal in einem solchen Transportfahrzeug gelegen oder ist nur mit viel Glück davon gekommen. Auch für solche persönlichen Augenblicke bietet eine Automesse mit all ihrer Alltagshektik einmal Gelegenheit.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun