Rallye du Maroc 2023: „Sand unter“

Letzter Auftritt der Sand- und Schotter-Experten im Rally Raid-System 2023! Die Rallye du Maroc führte letztmals in diesem Jahr alle zusammen, die sich für die Dakar 2024 viel vorgenommen haben.

Sprich: Die Weltspitze gab sich zwischen Startort Agadir am Atlantik und den nordöstlich am Fuße des Atlasgebirges gelegenen Dünen von Merzouga ein brandheißes Stelldichein. Zwar durfte man getrost Nasser Al-Attiyah auf seinem zuverlässigen Toyota Hilux Evo als Favoriten auf den Gesamtsieg annehmen. Aber da kamen eben noch die Dünen und teuflisch schnelle Pistenpassagen.

Yazeed Al-Rajhi, auf dem adäquat motorisierten Hilux des Toyota-Overdrive-Teams, forderte in aller Deutlichkeit diesen Favoriten – zugleich sein langjähriger Rivale – heraus. Die „Hatz“ wurde im Prolog eröffnet und da von Audis Mattias Ekström auf dem RS Q e-tron e2 ziemlich klar gewonnen. Altmeister Stéphane Peterhansel blieb im Staubschatten seines Team-Juniors aus Schweden, durfte sich als Zweiter registrieren lassen. Und Carlos Sainz mit dem dritten Audi-Hybriden wurde Sechster.

Nach dem vierten Tag konnte eine erste Zwischenbilanz gezogen werden. Al-Rajhi führt das Feld an. Peterhansel auf zwei, Juan Cruz Yacopini auf Platz drei. Beeindruckend auch das russische Team Denis Krotov/Jonathan Zhiltsov, das lange Jahre unter X-raid-Flagge unterwegs war, diesmal aber einen Toyota Hilux von Overdrive pilotierte. Nani Roma, endlich zurück im Sand-Kalender, erschien auf einem neuen M-Sport Ford Ranger Raptor T1+ mit neu entwickeltem V6-Eco Boost. Nani komplettierte die ersten fünf. Zu dieser Zeit hatte Sébastien Loeb auf dem BRX bereits seinem Highspeed-Drang Opfer bringen müssen, er jagte Al-Rajhi quasi wie ein „böser Geist“, stets im Rückspiegel, dann aber auch mal vorne. Bis der Gallier dann ein Loch im Sand übersah, über das die Motorradpiloten vorher noch locker drübergesprungen waren. Hieß: „Auto krumm“. Orlando „Orly“ Terranova, ebenfalls lange Zeit bei X-raid und da sehr erfolgreich, war nun bester Pilot unter den so gut gehenden BRX-Flundern. Und der hoch gehandelte Al-Attiyah? Stand in der vierten Prüfung hoch oben auf einem Dünenkamm, wohl rätselnd, warum sein Arbeitsgerät den Dienst quittiert hatte. Es waren die Antriebswellen, die sich der Reihe nach verabschiedet hatten.

Prolog-Sieger Ekström, auf der Prüfung Nr. 3, tummelte sich nach kleineren Problemchen auf Rang zehn. Wollte kurz vor dem Ende natürlich weiter nach vorne kommen. Unter den ersten zehn fand sich auch Martin Prokop aus Polen, der seinen Ford F150-Pickup zu einem Coupé modifiziert hat, kraftstrotzend, mit acht Zylindern.

Es war, wieder einmal, eine sehr exklusive Rallye du Maroc. Favoriten schieden aus, gleich reihenweise. So kam, endlich, Yazeed Al-Rajhi zum hochverdienten Sieg vor dem Duo Krotov/Zhiltsov auf identischem Arbeitsgerät. Schon auf Platz drei, also auch auf dem Treppchen: Nani Roma, der „Wiedergeborene“ nach erwähnter langer Pause. Er brachte seine jahrzehntelange Erfahrung mit Dakar-Siegen auf dem Motorrad und im Auto hier ein. Belohnung für den neuen Arbeitgeber gleichsam – und ein Statement, dass ein solches Ergebnis bei der Marokko-Rallye auch Vorbote für einen Dakar-Sieg sein kann.

Krysztof Holowczyc auf dem einzigen MINI Rally kämpfte mit zahllosen Sandgeistern und brachte den kleinen Diesel von X-raid nur auf Platz 22 ein. Wie die Audi-Truppe das Gesamtergebnis bewertet, bleibt erst einmal dahingestellt. Aber die Plätze acht (Ekström), zwölf (Peterhansel) und 15 (Sainz) waren sicher nicht das erhoffte (Traum-)Ergebnis. Was sich aber erneut zeigte bei den Ingolstädtern: Die innovative Antriebslösung des Hybriden hat wieder gehalten und immerhin für drei Tagessiege gesorgt. Die Schwachpunkte lagen an anderen Stellen. Sie wurden analysiert und dürften sicher bis zum Start der nächsten Dakar behoben sein. Also bis zum 5. Januar 2024.

Fotos: Audi Communication Motorsport, Jao Filipe DPPI; MCH Ford Motorsport

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