Leser fragen – Experten antworten: Tanktourismus – darauf sollte man achten

Aufgrund der stark gestiegenen Spritpreise fahren viele Autofahrer wieder zum Benzinkauf ins Ausland. Tanktourismus ist nicht generell verboten. Doch erlaubt ist auch nicht alles.

Frage: „In vielen Nachbarländern sind Kraftstoffe derzeit deutlich günstiger. Lohnt es sich angesichts der hierzulande aktuell hohen Preise, zum Tanken ins Ausland zu fahren?“

Antwort von Thomas Schuster; Kraftfahrzeugexperte der Sachverständigenorganisation KÜS: Seit der Ukraine-Krise sind die Preise von Benzin und Diesel in Deutschland explodiert, was viele Autofahrer in finanzielle Bedrängnis bringt. Grundsätzlich besteht für grenznahe Bewohner alternativ die Möglichkeit, durch eine Tankfahrt ins Nachbarland die Spritkosten zu senken. Allerdings gilt es dabei, mit spitzem Stift zu rechnen und außerdem einige rechtliche Aspekte zu beachten.

Im Vergleich zu den hiesigen Preisen sind in einigen Nachbarländern die Einsparpotenziale enorm. Abhängig auch von der Kraftstoffart lassen sich in Ländern wie Luxemburg, Österreich und Niederlande um 20 Prozent einsparen. Nochmals deutlich niedriger sind die Preise in Tschechien und Polen, wo der Liter Benzin um 80 Cent weniger kostet. Wer hier 50 Liter tankt, zahlt also für eine Füllung 40 Euro weniger. Für diejenigen, die nahe der Grenze beider Länder wohnen, kann es sich aktuell deshalb sogar lohnen, auch größere Umwege für eine Tankung jenseits der Grenze in Kauf zu nehmen.

Um zu berechnen, ob sich der Umweg für eine Tankfahrt ins Ausland lohnt, sollte man neben den reinen Spritkosten allerdings auch allgemeine Betriebskosten eines Pkw einberechnen. Bei den typischerweise angenommenen Kilometer-Betriebskosten von 30 Cent, bleiben von den 40 Euro nach rund 70 Kilometern weniger als die Hälfte übrig. Neben einer realistischen Kalkulation der Kosten sollte außerdem die für den Umweg investierte Zeit einberechnet werden. Neben einer reinen Fahrzeit muss man zudem noch mit längeren Wartezeiten aufgrund hoher Nachfrage rechnen. Bei einigen grenznahen Tankstellen gibt es aktuell sogar das Risiko, dass diese leergekauft sind. Auch in Hinblick auf die Umwelt sollte man sich überlegen, ob längere Umwege für eine Tankfahrt ins Ausland wirklich sinnvoll sind.

Um die Einsparbilanz zu verbessern, nehmen Tanktouristen gerne Reservekanister mit über die Grenze. Aus Sicherheitsgründen ist es allerdings ratsam, die Kraftstoffmenge der in Pkw mitgeführten Reservekanister auf 10 Liter zu begrenzen, auch wenn in Deutschland die Mitnahme von bis zu 60 Liter gestattet ist. Für den Sprittransport sollten zudem nur Kanister mit sogenannter RKK-Zulassung genutzt werden. Kunststoffbehälter sollten nicht älter als zehn Jahre sein, bei Metallkanister empfiehlt sich ein kritischer Blick nach Roststellen. Wichtig ist außerdem, auf die Mitnahmegrenzen in den besuchten Nachbarländern zu achten. In Luxemburg ist der Sprittransport im Kanister grundsätzlich verboten. In den meisten Ländern mit niedrigen Spritpreisen ist ein legales Mitführen von maximal 10 Litern erlaubt, in Polen sind es 20 Liter. Steuerfrei einführen darf man aus EU-Ländern nach Deutschland übrigens ohnehin nur 20 Liter. Wer größere Mengen in Kanistern einführt, begeht eine Steuerstraftat. Und: Der abgabenfrei eingeführte Kraftstoff darf ausschließlich in dem Fahrzeug verwendet werden, mit dem er über die Grenze gebracht wird. Wer etwa mit seinem Benziner für den dieselfahrenden Nachbarn Sprit besorgt, könnte also auch Probleme bekommen.

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