Auto- und Radfahrer liegen vor allem in Stadtverkehr häufig im Clinch. Dabei sind nicht immer die Autos schuld, wie Gerichtsurteile zeigen. Auf der anderen Seite dürfen Radler gewisse Rücksichtnahme selbst von den vermeintlich schwächeren Fußgängern erwarten.
Wer zu Fuß bei Grün über die Straße geht, muss die Rechte von Radfahrer auf dem Radweg der gegenüberliegenden Seite beachten. Der Vorrang der Fußgängerin habe nur für das Überqueren der Straße bei grünem Licht gegolten, zitiert die Arag-Rechtschutzversicherung aus dem Urteil des OLG Hamm ( Az.: 26 U 53/17). Als sie den Radweg kreuzte, hätte sie wieder auf den Radverkehr achten müssen. Der Schaden wurde in diesem Fall allerdings hälftig geteilt, weil der Radler zu schnell gefahren war.
Ein gemeinsamer Rad- und Fußweg verpflichtet Fahrradfahrer zu besonderer Vorsicht. So musste beispielsweise ein Radler nach Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (Az.: 22 U 10/11) allein haften, weil er zu nah an der Hauswand vorbeigefahren war und eine Fußgängerin übersehen hatte, die aus einer Hofeinfahrt kam. Die Verpflichtung zu besonderer Sorgfalt gilt beispielsweise auch beim Überholen von Fußgängern, im konkreten Fall waren sie auf Inline-Skates unterwegs. Nach Meinung des OLG Düsseldorf (Az.: I-1 U 242/10) muss der Radler das Überholen rechtzeitig durch Klingeln oder Rufen ankündigen, kommt es sonst zu einer Kollision, haftet er allein für den Schaden.
Radler sollten ebenfalls keinen Schadenersatz erwarten, wenn sie auf einem maroden, öffentlichen Radweg stürzen. Weil die Schäden auch auf weite Sicht gut erkennbar waren, hätte der Radler in dem konkreten Fall sein Fahrverhalten darauf einstellen können, entschied das Landgericht Marburg (Az.: 10 O 984/17). Entgegen der Fahrtrichtung sollten Fahrradfahrer besser nicht unterwegs sein, denn das kann auch weitreichende Auswirkungen auf ihre Unfallhaftung haben. So haftete ein Pkw, der vorsichtig aus einer Grundstückausfahrt und über einen Radweg hinweg fuhr, nicht für den Zusammenprall mit einem Radfahrer. Das Verschulden des Radler überwiege die Betriebsgefahr des Pkw deutlich, zitiert die Rechtschutzversicherung aus dem Urteil des Landgerichts Berlin ( Az.: 41 O 41/11).
Auch radelnde Kinder müssen potenziell haften: Die Gerichte gehen nach Angaben der Rechtsexperten überwiegend davon aus, dass Kinder ab zwölf in der Lage sind, ihre begangenen Pflichtverstöße wie auch deren mögliche haftungsrechtlichen Folgen zu erkennen. Dies kann laut Amtsgericht Halle/Saale üblicherweise bereits von Kindern, die die Grundschule besuchen, erwartet werden und erst recht von Schülern höherer Schulstufen (Az.: 104 C 4653/10). So musste eine 13-Jährige für einen Unfall haften, weil sie bei Rot über die Ampel gefahren war (AG Gießen, Az.: 49 C 147/12) und ein Elfjähriger hatte für einen Unfall geradezustehen, weil er mit dem Rad auf der falschen Seite unterwegs war (OLG Hamm, AZ: 9U 238/15).