Buchtipp – Beuys: Sophie Charlotte. Preußens erste Königin

Beitragsbild
Foto 1

Es ist Sommer. Touristen von überall her aus der Welt spazieren durch den Charlottenburger Schlossgarten und besichtigen das elegante Schloss. Was wäre Berlin ohne dieses prachtvolle Ausflugsziel?

Aber wer denkt heute noch an das frühere Dörfchen namens Lietzenburg oder Lützenburg, wenn der Verkehr hektisch über den ehemaligen sandigen Schlossvorplatz braust, an die Namensgeberin, Preußens erste und einzige gekrönte Königin Sophie Charlotte? Sie hatte sich diese Sommerresidenz gewünscht, und so entstand zwischen dem Berliner Stadtschloss und den Jagdrevieren auf dem Weg in Richtung Havel sowie zur Sommerresidenz in Potsdam ein zunächst nicht allzu großes Domizil. Da lag Berlin noch eine preußische Meile östlich entfernt. Das waren siebeneinhalb Kilometer.

Königin Sophie Charlottes Nachfahren liebten, bewohnten, veränderten, was sich die junge Fürstin erträumt hatte. Als man der 34-jährig verstorbenen Königin Luise mitten im Schlossgarten ein Mausoleum errichtete, überstrahlte das Gedenken an jene schöne preußische Madonna bald gänzlich die Erinnerung an die Namensgeberin. Doch auch Königin Sophie Charlotte starb mit 36 Jahren jung. Ihr zum Gedenken ließ ihr Mann König Friedrich I. Sommerschloss und Dorf umbenennen.

Ihr Enkel König Friedrich II. wiederum schätzte seine kluge Vorfahrin und zeichnete in seinen „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg“ das Bild einer philosophischen Musenfreundin, der der Hauptverdienst in der Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften zukäme. Auch wenn das die Sicht auf die Königin bis ins 19. Jahrhundert prägte, erinnerte sich das öffentliche Gedächtnis allzu wenig an diese geistreiche Welfenprinzessin, deren Interessen an ihrem Musenhof Musik, Kunst und nicht zuletzt der gelehrte Austausch waren.

Barbara Beuys widmet dieser bemerkenswerten Frau eine erste umfassende Biographie. Und nicht nur das: Auf fast 400 Seiten räumt sie mit zahlreichen Klatschgeschichten auf. Stattdessen entsteht das feinsinnige Gemälde einer selbstbewussten, weltoffenen Frau, die Berlin ebenso veränderte wie die Dynastie, in die sie verheiratet wurde, entscheidend verändern sollte. Ein fabelhaftes Buch, und gleichsam ein Muss für jeden Reisekoffer, wenn Berlin auf dem Adressfeld steht.

Barbara Beuys:Sophie Charlotte. Preußens erste Königin. Suhrkamp Verlag; 24 Euro.

Nach oben scrollen