„Thoughtful Gardening“ – so der Originaltitel des in diesem Frühjahr erschienenen Buches des passionierten englischen Gärtners und emeritierten Oxford-Professors Robin Lane Fox. Es basiert auf den Garten-Kolumnen über Garten- und Landschaftsgestaltung, die der Autor über mehr als vierzig Jahre für die Mittwochsausgabe der „Financial Times“ schrieb.
Mit diesem außergewöhnlichen Buch, das in der deutschen Übersetzung mit dem etwas prosaischen Titel „Der englische Gärtner. Leben und Arbeiten im Garten“ erschien, hat der Autor in kurzer Zeit den Bestseller-Rang des an herrlichen Gartenbüchern reichen Bücherfrühjahres erreicht. Das ist beeindruckend und erfreulich zugleich. Denn dieses Buch beweist einmal mehr, dass ein Englisch schreibender Autor mit unvergleichlicher Leichtigkeit, gärtnerisches und historisches Fachwissen gut verständlich und lesbar präsentieren kann. Dank der fabelhaften Übersetzung von Susanne Held können seine anekdotenreichen, ja kulturhistorischen Gartenbeiträge auch Hierzulande genossen und somit verstanden werden, was „Gedankenvolles Gärtnern“ bedeutet und wozu es führt.Wenn bisher angesichts der Originalität und Erscheinungsdauer für lesebegeisterte Gärtner unbestritten die Garten-Kolumnen von Vita Sackville-West, die sie fünfundzwanzig Jahre lang für den „Observer“ schrieb, an erster Stelle rangierten, erweisen sich die Texte des gartenbegeisterten Althistorikers als eine beinahe unerschöpfliche Quelle an Lesefreude und Inspiration, die neue Maßstäbe setzen.
Dabei ist das 457 Seiten umfassende Buch, dessen Beiträge durch kurze, die Neugier weckende Überschriften thematisch nach den Jahreszeiten geordnet sind, leicht zu erschließen. Aufschlussreich betrachten seine einleitenden Bemerkungen ein offensichtlich auch in der Gartennation England gepflegtes Vorurteil, dass das Gärtnern nicht notwendiger Weise Geist benötige. Wie unerwartet und falsch. Wie jede ambitionierte Gärtnerin, jeder leidenschaftliche Gärtner selbstverständlich wissen, braucht es jede Menge gedankenvoller Auseinandersetzung mit einem noch so kleinen Stück Erde, um es zum Grünen, Blühen und zu reichlicher Ernte zu bringen. Was kann man wo anpflanzen? Welche Pflanze verträgt sich mit welchem Nachbarn? Welche Voraussetzungen bieten Bodenbeschaffenheit, Standort und Klima? Wie schade ich es doch, dass Menschen fernab körperlicher Tätigkeit auf die selbigen ausführenden Mitmenschen mit einer gewissen Herabschätzung, womöglich Verachtung blicken. Diese Arroganz ist unverständlich. Man denke etwa an die Gartengestalterin Gertrude Jekyll, die sich nicht zu schade war, sich Gedanken über das Arrangement eines kleinen Balkonkastens zu machen. Dieser gehörte einem jugendlichen Gärtner, der die große Lady der englischen Gartenkunst des 19. Jahrhunderts in einem Brief darum bat, ihr bei der Auswahl der Bepflanzung zu helfen. Unprätentiös und ernsthaft widmete sich, die im persönlichen Umgang nicht ganz einfache Dame, dieser Anfrage.
Mit dieser Wertschätzung gegenüber der oft stillen, aber gedankenvollen Arbeit im Beet geht Robin Lane Fox auf Reisen durch Gärten und Geschichten, erklärt Standorte und Herkunft von Pflanzen, gibt wertvolle Tipps zur Vermehrung von Gewächsen, die gerade jetzt im Sommer gut umgesetzt werden können, und präsentiert Gärtnerinnen und Gärtner der Vergangenheit und Gegenwart. Als Leser ist man unmerklich gefangen in diesem kaleidoskopartigen Blick auf Gärten und Gartengeschichte. Wobei das Reizvolle seiner Ausführungen zweifellos die Mischung der Themen sowie der witzig-kritische Stil des Autors ist. Als gartenbegeisterter Leser fragt man sich so manches Mal, wie er all diese Praxis erwerben und zugleich Wissenschaft an einer der renommiertesten Universitäten der Welt betreiben konnte. Arbeitsdisziplin wie Leidenschaft sind da gleichermaßen zu bewundern. Wenn man dann liest, dass er bereits im zarten Alter von zehn Jahren zu Gärtnern begann, erklärt sich zumindest teilweise sein Wissen. Die Freude an der Arbeit, am Nachdenken, Gestalten, Beobachten ebenso wie das Verzweifeln, wenn nach langer Mühe ein Pflänzchen dennoch eingeht, lässt sich sowieso nicht rational erfassen. Das ist ein Gefühl, das man besitzt oder eben nicht. Jenes Gefühl mag ebenso die Basis für sein Schreiben sein, denn ansonsten könnte man sicher nicht erklären, dass der Autor über diesen langen Zeitraum hinweg stets spannende Themen finden und eine treue Leserschaft aufbauen konnte. Der Kreis der Letztgenannten ist mit dem Erscheinen dieses Buches um ein Vielfaches angewachsen. So darf es hier mit großem Vergnügen empfohlen werden, denn dieses Buch nicht zu lesen, wäre für alle praktisch oder ästhetisch am Garten interessierten Menschen in der Tat ein bedeutender Verlust. Lesen Sie und gönnen Sie sich eine Pause während der sommerlichen Freude am Garten!
Robin Lane Fox
Der englische Gärtner.Leben und Arbeiten im Garten
Aus dem Englischen von Susanne Held (Orig.: Thoughtful Gardening. Great Plants, Great Gardens, Great Gardeners).
Klett Cotta Verlag; 32 Euro.