Motorrad-Freunde entdecken vor allem dann ihre Leidenschaft zum motorisierten Zweirad, wenn die ersten Sonnenstrahlen im Frühling wieder Lust aufs Bike machen. Ein Großteil der Zweirad-Versessenen sind vor allem Fahrer/innen ab 45 Jahren aufwärts. Sie sind überproportional hoch in den Unfall-Statistiken vertreten. Helfen für viele Neu- und Seiteneinsteiger im fortgeschrittenen Alter sollte ein Motorrad-Symposium, das am Wochenende in einem kleinen Ort in der Eifel ausgetragen wurde und bei dem wir ein bisschen „Mäuschen gespielt haben“.
„Wieviel Leben hab ich denn verballert in den letzten zwei Minuten?“. Mit einer Mischung aus erkennbarem Schrecken, Staunen und krampfhaft gespielter Lässigkeit starrt Natalie auf das Display des Motorrad-Simulators, in dessen Sattel sie seit einigen Minuten auf verzwickte Verkehrs-Situationen reagieren muss. Die junge Dame auf der virtuellen „Gummikuh“ ist nur eine von insgesamt 53 Teilnehmer(inne)n des fünften Eifeler Motorrad-Symposiums, das in einem Gewerbegebiet bei Hillesheim in der Vulkaneifel über die Bühne ging.
Dabei gehört die forsche Bikerin aus Gerolstein nicht zur angestrebten Zielgruppe dieses Tages. Eines Wochenend-Tags, der vollgestopft war mit jeder Menge Theorie. Mit Themen wie körperlichem Befinden, latenter Selbst-Überschätzung, Stress-Situationen, Motorrad-Technik. Aber (natürlich) auch mit der entsprechenden Fahrpraxis. „Menschen, die wir ansprechen möchten, sind Motorradfahrer ab 45 Jahren und älter“, sagt Polizei-Oberrat Dietmar Braun, Leiter der Inspektion Bitburg. Denn Leute dieses Alters, Neu-Einsteiger, Rückkehrer, ältere Hobby-Piloten, seien überproportional stark in den Unfall-Bilanzen vertreten.
Das Interesse an diesem Check von Mensch und Maschine ist riesig. Es hat sich „seit Beginn des Konzeptes, das wir 2012 initiiert haben“, offensichtlich rumgesprochen, dass „das allen was bringt.“, so Braun. Diese These bestätigen auch Vater und Sohn Ewald und Sven Eppers aus dem kleinen Eifelort Plütscheid. „Wir sind von einem Bekannten, der 2016 teilgenommen hat, darauf aufmerksam gemacht worden. Die Auswahl an Themen, der Mix aus Theorie und Praxis ist ausgewogen und spannend.“
Die Initiative dazu ging zwar vom Polizei-Präsidium Trier aus, längst sind jedoch Kooperationspartner aus verschiedenen Kreisen, Bundesländern, ja sogar Nationen dazu gekommen: Polizei aus Deutschland, Holland und Luxemburg, die Kreisverkehrswacht, der ADAC, Fahrlehrer aus der Eifel: Sie alle arbeiten „an diesem Präventiv-Ziel, Unfälle und deren Folgen zu vermeiden“, wie Braun das Ziel umreißt. Er weiß: „Die Topographie der Eifel mit ihren kurvigen Straßen eignet sich bestens zum cruisen mit dem Motorrad.“ Bei den Betroffenen renne man damit offene Türen ein.
Vor dem Spaß am Fahren aber steht die Frage nach der eigenen Konstitution, nach dem körperlichen Befinden, weist Dr. Rajiv Aurora hin. Der Internist aus Bitburg, selbst Biker und Pilot, referierte über „gesundheitliche Risiken der Motorradfahrer Ü 45“. Seine Erkenntnis, dass „alle Teilnehmer zwar den Luftdruck ihrer Maschine, aber höchstens 20 Prozent ihren eigenen Blutdruck“ kannten, sei Besorgnis erregend. „Einmal im Jahr“, sagt Aurora, sollten Biker dieses Alters zum Gesundheitscheck.
Praktische Tipps gab es am Nachmittag. Die Fahrlehrer von der Verkehrswacht Vulkaneifel sind seit Jahren dabei. Die Reaktion der Teilnehmer war entsprechend. „Es macht Spaß und man lernt dazu“, sagt Teilnehmer Heinz Barthen, der damit Allen ein Lob ausspricht. Und Natalie John, die junge Dame vom Fahrsimulator, war nachher richtig erleichtert: „Ich fahre wenig, aber eher unsicher. Dieser Tag bringt mir unheimlich viel.“
Text und Fotos: Jürgen C. Braun