Porsche in Genf: Sportwagenspezialist und Vollsortimenter

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Was ist nur aus Porsche geworden? Es ist noch gar nicht so lange her, da stellte der Stuttgarter Autobauer auf einer Messe ein, zwei Sportwagen vor. Mehr als zwei Türen gab es nicht, unter der Haube werkelt ein Boxermotor und der verbrannte ausschließlich Benzin. Und heute? Inzwischen ist der Autobauer fast schon zum Vollsortimenter geworden.

Auf dem Genfer Auto Salon demonstriert Porsche derzeit die Bandbreite seines Angebots. Da steht zum einen der neue, beziehungsweise überarbeitete 911 GT3. Ein bisschen wirkt es, als sei hier die Zeit stehen geblieben. Statt Turbo oder Vierzylinder werkelt immer noch ein freiatmender Sechszylinder-Boxer im Heck des Hardcore-Sportlers, der jetzt bis auf 9.000 Touren ausgedreht werden kann. Satte 500 PS entspringen den vier Litern Hubraum, die für 320 km/h gut sind – zumindest beim Handschalter.

Wie bitte, ein manuelles Getriebe im GT3? Zur Freude aller Puristen hat sich Porsche beim Facelift tatsächlich entschieden, wieder einen Handschalter anzubieten. Die von 2013 bis 2015 gebaute Version lief ausschließlich mit Doppelkupplungsgetriebe vom Band. Wer die Gänge selber wechselt, schafft es zwar nicht in unter 3,9 Sekunden auf Tempo 100 (das schneller schaltende PDK verkürzt den Sprint auf dreieinhalb Sekunden), fährt aber bei der Topspeed einen Vorsprung von zwei Zählern raus. Wobei es am Ende weniger auf die Zehntel-Sekunde oder die Vmax ankommt. Die Entscheidung, den Handschalter zusätzlich zum Automaten anzubieten, ist auch ein Bekenntnis zur den Grundwerten der Marke: wirklich sportlichste Autos zu bauen.

Gleichzeitig demonstriert die VW-Tochter aber, dass sie nicht in einer „haben-wir-schon-immer-so-gemacht“-Schleife stecken bleibt. Man muss halt mit der Zeit gehen. So schön ein klassischer Elfer auch ist: Mit Kind und Kegel, Hund und Golfbag, Knieleiden und Bandscheibenvorfall ist der enge, tiefe Sportler einfach nicht die erste Wahl. Wer aufs Porschefahren partout nicht verzichten wollte, musste sich früher wohl oder übel mit den Nachteilen eines Sportwagens arrangieren, und nicht selten sah man ältere Herren eher aus dem Wagen krabbeln als elegant aussteigen. Doch das ist zum Glück nicht mehr nötig. Erst hat Porsche das SUV-Segment mit dem Cayenne erobert, dann griffen sie mit dem Panamera den Limousinen-Markt an und schließlich wurde mit dem Macan nochmal bei den Hochbeinern nachgelegt. Mit Erfolg: Die Viertürer machen inzwischen einen Großteil der Verkäufe aus, knapp zwei Drittel der in Deutschland rund 30.000 jährlich verkauften Fahrzeuge sind weder 911, noch Boxster oder Cayman.

Das sich mit dem neuesten Zugang zur Familie an den Verhältnissen was ändert, ist nicht zu erwarten, doch zeigt der Hersteller mit dem neuen Panamera Sport Turismo in Genf die vielleicht nutzwertigste Form eines Porsches – einen Oberklasse-Kombi! Zugegeben, die Strategen würden das Modell nie so nennen, und in der Tat hat der Neuling wenig mit einem klassischen Lastesel vom Schlage eines Volvo V90 zu tun. Doch liegt der Fokus beim Shooting Brake schon eindeutig auf der Praktikabilität. Auf Wunsch kommt ein dritter Sitzplatz im Fond dazu und das Ladevolumen ist nochmal um 20 auf 520 Liter gewachsen – bei umgeklappter Rückbank gehen 1.390 Liter rein. Das übertrifft zwar mancher Mittelklassekombi spielend, doch auch hier ist die Botschaft klar: Porschefahren soll niemals Verzicht bedeuten. Wem also der Elfer zu eng, und die SUVs zu bullig sind, der findet nun auch bei der Limousine eine nochmals geräumigere Variante als bisher.

Text: Michael Gebhardt/SP-X
Fotos: Porsche

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