„Langweiler gibt es schon genug“, erklärten deutsche Autobauer Anfang 1977 in Werbeanzeigen. Stattdessen sollten extravagante Coupés für Schwung in der Luxusklasse sorgen und mit kraftvollen V8 die gerade bewältigte Ölkrise vergessen lassen. „Fahren, wo es noch Spaß macht“, meinte deshalb Porsche und präsentierte mit dem 928 das erste Stuttgarter Sportcoupé mit V8. Tatsächlich war der neue Transaxle-Typ (Motor vorn, Getriebe und Differential hinten) ein Gran Turismo, wie ihn die Vmax-Szene noch nicht gesehen hatte. Und ein Aufreger, stellte sich der im Stil der New-Wave-Ära geformte Porsche 928 doch gleich als potentieller Nachfolger des 911 vor. Dazu kam es dann aber nicht, denn der durchtrainierte Elfer ließ sich selbst von diesem Musclecar mit weltweit erstem Vollaluminum-V8 nicht kleinkriegen. Stattdessen begeisterte der durch bis zu 257 kW/350 PS starke Triebwerke befeuerte 928 berufliche Vielfahrer als Businessjet für Autobahnen.
Manche Motormedien zählten Porsches damals hubraumstärkstes Stück (4,5 bis 5,4 Liter) sogar zu jenen Boden-Boden-Raketen, die schneller als Geschäftsflugzeuge von Termin zu Termin hetzten. Ein elitärer Club aus V8- und V12-Coupés von Ferrari (Dino), Jaguar (XJ-S), Aston Martin oder Mercedes SLC. Bis 1995 spülte der 928 Geld in die Porsche-Kasse, als zeitlos geformtes Langzeitauto musste er sich mithin nicht hinter dem Elfer verstecken.
Dabei war es gerade sein Design, das den Porsche 928 in die Diskussion brachte. Sein unter Starcoutuier Antole Lapin realisiertes rundliches Biodesign bescherte ihm zwar in Italien die Preisauszeichnung als schönstes Auto 1977, wurde aber hierzulande von vielen Sportwagenfans als zu eigenwillig angefeindet. Tatsächlich differenzierte sich der 928 bis hin zu den anfänglichen Alurädern – wegen ihrer runden Löcher auch Telefonwählscheiben genannt – von allen vertrauten Formen etwa der verführerischen italienischen Traumwagen. Immerhin erinnerten die originellen, teilweise versenkbaren Scheinwerfer an die Klapplampen des Lamborghini Miura. Den Formenfindern unter Porsche-Designchef Lapin gelang es jedoch, eine zeitlose Linie zu finden, mit der Porsches erster V8 Präsenz zeigte. Vielleicht fehlt es dem 1,84 Meter breiten 928 am grazilen Schick des 1,61 Meter schmalen Elfers, an Bekanntheit dafür nicht.
Dazu trugen auch die zahlreichen Erst- und Bestleistungen bei, mit denen der 928 brillierte. Als andere Sportwagenbauer noch auf schwergewichtige Graugussmotoren vertrauten, sorgte im Porsche 928 das weltweit erste für extreme Laufleistungen konstruierte Voll-Aluminium-Aggregat für rasanten Vortrieb. Eine Maschine, die zunächst im Tarnkleid eines Mercedes 350 SL Millionen Testkilometer sammelte, wie Porsche später selbstbewusst mitteilte. Wirklich weltrekordverdächtig war eine 1983 ausgeführte 24-Stunden-Hochgeschwindigkeitsfahrt: Im italienischen Nardò demonstrierte ein 928 S seine Zuverlässigkeit über 6.033 Kilometer mit einem Durchschnittstempo von 251,4 km/h. Der Hubraum des V8 wurde im Lauf der fast zwei Jahrzehnte währenden Produktion von anfänglich 4,5 Liter auf 5,4 Liter vergrößert, die Leistung wuchs von 176 kW/240 PS auf 257 kW/350 PS im finalen 928 GTS.
Mit diesem bärenstarken Triebwerk toppte der Gran Turismo fast die gesamte Konkurrenz, auch wenn er sich hausintern unterhalb der Typen 911 Turbo und 959 einordnete. Allerdings wurde trotz anfänglich langer Lieferzeiten schnell klar, dass Porsches Transaxle-V8 andere Käufer erreichte als ein puristischer und reinrassiger Racer wie der 911. Tatsächlich spiegelte sich das komfortbetonte Naturell des Hightech-928 sogar in seiner kaum nennenswerten Motorsportvita durch private Teams. So verfehlte der 928 zwar die zu hoch gesteckten Absatzziele als designierter Elfer-Erbe, dafür gewann das Sportcoupé für die Marke neue, zusätzliche Kundenkreise – ähnlich wie es später den V8-Typen Cayenne und Panamera gelang.
Für Sorgenfalten und Kummer war der Porsche 928 deshalb ebenfalls gut – in den Gesichtern der Konkurrenten. Mussten sich doch deren Ballermänner jetzt erstmals mit einem Reisesportwagen der Superlative aus Zuffenhausen auseinandersetzen, der vollkommen unangestrengt und spurtreu Vmax fuhr. Möglich machte dies u. a. eine mitlenkende Hinterachse, die schon zehn Jahre vor Erfindung der Vierradlenkung sicheres Fahrverhalten bei plötzlichen Lastwechseln garantierte. In seiner ersten auf preiswertes Normalbenzin ausgelegten 240-PS-Motorisierung – die aber in Tests rund 20 Liter pro 100 Kilometer konsumierte – musste sich der Porsche 928 mit 230 km/h Spitzengeschwindigkeit noch den Wettbewerbern Ferrari Dino V8, Jaguar XJ-S und Lamborghini Urraco geschlagen geben. Alle waren viersitzige GT der 55.000-Mark-Preisklasse, die der Porsche jedoch in den Stückzahlen eindeutig deklassierte. Fahrdynamisch betulicher als der Porsche ging unter den V8-Rivalen nur der Mercedes 450 SLC der Baureihe R 107 zur Sache, die dem 928 ja anfangs als Erprobungsplattform gedient hatte.
Aber auch als der SLC mit 5,0-Liter-V8 im Angebot stand und sich der Benz 1981 in eleganter SEC-Couture präsentierte, fuhr der Porsche weiter vorweg. Denn seit dem Genfer Salon 1980 rühmte sich die nun auch mit automatischem Getriebe lieferbare Nachschärfung 928 S, schnellstes Automatik-Auto der Welt zu sein. Im September 1986 trug der Porsche 928 S4 dann den Titel des schnellsten Katalysator-Fahrzeugs der Welt. Dazu beigetragen hatten neu entwickelte Zylinderköpfe mit vier Ventilen pro Brennraum und zwei Nockenwellen je Zylinderbank. Mit fünf Liter Hubraum gab der abgasgefilterte V8 nun 212 kW/288 PS ab, wenig später waren es nach Umstellung auf Superbenzin 235 kW/320 PS. Damit die Vmax von 270 km/h sicher genutzt werden konnte, verfügte der bis dahin schnellste 928 als weltweit erstes Serienauto über ein Reifendruck-Kontrollsystem.
Die Grenzen seiner Ausbaumöglichkeiten erreichte der Tourensportler als 275 km/h flotter und zuletzt 178.000 Mark teurer 928 GTS mit 5,4-Liter-V8. Seine früheren Konkurrenten hatte der über Dekaden zur Designskulptur gereifte Gran Turismo in den 1990er Jahren sämtlich überlebt, was ihn jedoch nicht davon abhielt, Neuzugängen seinen frisch gestylten Heckflügel zu zeigen. Nicht einmal der erste deutsche Nachkriegs-V12 im BMW 850i konnte es mit dem Temperament der letzten 928-Serie aufnehmen. Auch der 1996, wenige Monate nach Produktionsauslauf des Porsche 928 GTS eingeführte Jaguar XK8 war beschaulicher unterwegs als das schwäbische Hightech-Paket mit seinen vielen Talenten als Sportwagen, Luxusauto und straßengebundener Businessjet. Ähnlich heftig wie bei ausgelaufenen Flugzeugen war übrigens der Wertverlust für gebrauchte 928. Der Porsche wurde nun für eine Klientel bezahlbar, die sich seinen laufenden Unterhalt eigentlich nicht leisten konnte. Ein Schicksal, das der 928 zwar mit fast allen eingestellten Luxuslinern teilte, aus dem er sich inzwischen jedoch befreit hat. Die Kurse für gute 928 steigen steil, der gescheiterte Elfer-Erbe ist eben doch ein echter Porsche.
Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel/SP-X
Fotos: Porsche/SP-X