ZF: Mobile Zukunft sicherer machen

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Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sorgte eine Filmkomödie mit Namen „Ein Mann geht durch die Wand“ für volle Kassen in den Lichtspielhäusern. In diesem Streifen entdeckte ein unscheinbarer kleiner Finanzbeamter plötzlich seine Fähigkeit, durch Wände gehen zu können. Und zwar ohne, dass er selbst dabei verletzt wird oder dass die betreffende Wand beschädigt wird. Eine unschätzbare Gabe, die ihm einen ungeheuren Vorteil gegenüber seinen Mitmenschen bescherte.

Nun, ganz so weit ist man bei ZF, einem der weltweit größten Kooperationspartner der Automobil-Branche, noch nicht. Und durch die Wand gehen, um dergestalt kurz nach dem Rechten sehen: das kann das neue System „X2Safe“ noch nicht. Aber es weist schon jetzt mit aktueller Daten- und Netzwerktechnik den Weg in eine Zukunft, die vor allem den Schutz des so genannten schwächeren Verkehrsteilnehmers ganz beträchtlich erhöhen wird. Auf der Digitalmesse CES in Las Vegas will das 100 Jahre alt gewordene Traditions-Unternehmen vom Bodensee im Januar 2017 die nächste Stufe auf dem Weg zu einer intelligenten und digitalen Mobilität präsentieren. Wir hatten vor ein paar Tagen schon einmal Gelegenheit, bei einer Vorab-Demonstration „Mäuschen zu spielen.“

Die Szene an einem wunderschönen, krachend kalten Wintertag in der Nähe von München spielt sich wie folgt ab: Hinter einer Sichtplane rollt ein „Stromer“, in diesem Falle ein „Tesla S“ an, dem die Ingenieure für diesen Tag „X2Safe“ implantiert haben. Gleichzeitig kommt – für den Tesla-Fahrer unsichtbar – wechselweise entweder eine Radfahrerin oder eine Fußgängerin – auf den Kreuzungsbereich zu.

Die Kollision, so scheint es, ist unvermeidlich. Denn beide können sich ja nicht sehen. Und wenn sie sich endlich gegenseitig realisieren, dann wird es zu spät sein, um zu reagieren. Unvermeidlich der folgeschwere Interessens-Konflikt, da Auto und Radfahrerin/Fußgängerin innerhalb von Millisekunden zu gleicher Zeit den Kreuzungsraum für sich beanspruchen. Verletzungen, oft auch Schlimmeres, können nicht ausgeschlossen werden.

Hier nun kommt „X2Safe“ ins Spiel. Und zwar bei beiden Parteien. Beim Autofahrer, in dessen Fahrzeug das Warnsystem eingebaut wurde und bei dem – in diesem Falle – schwächeren Verkehrsteilnehmer, der mit Handy (Smartwatch) und einer darauf eingespielten App, unterwegs ist. Derart vorbereitet soll das scheinbar Unvermeidliche, also der Crash, ausgeschlossen werden. ZF will mit diesem intelligenten Algorithmus einen weiteren Meilenstein in der Unfallvermeidung und im autonomen Fahren setzen.

Wir begleiten an diesem Tag beide Parteien. Setzen uns hinten in den Tesla, beobachten das Infotainment-System im Blickfeld des Fahrers. Und wir begleiten die mit Handy und damit mit dem gleichen System ausgerüstete Radfahrerin/Fußgängerin auf ihrem Weg zum virtuellen Zusammenstoß. Ein Umstand, der dann aber nicht eintrifft. Dank „X2Safe.“ Denn dieses vorausschauende System adaptiert: Es sammelt nicht nur, sondern analysiert und bewertet gleichzeitig die Bewegungsdaten von Autos, Radlern und Fußgängern. Und warnt diese vor der Kollision.

ZF setzt diesen Algorithmus nicht nur um. Seine Ingenieure haben ihn selbst entwickelt. Seine Besonderheit, oder seine „Pfiffigkeit“, wie es Torsten Gollewski der Leiter der ZF-Vorentwicklung nennt, ist seine individuelle künstliche Intelligenz. Es analysiert und berechnet das Verhalten aller Verkehrsteilnehmer in der näheren Umgebung und nimmt auch an zu nehmende humane Vorab-Reaktionen mit in den Analyse-Prozess auf. Beispiel: Hält ein Fußgänger Rotphasen von Ampeln nicht ein oder überquert er eine Straße an einer dafür ungeeigneten Stelle, bewertet es dieses Vorgehen als besonders unsicher und errechnet ein größeres individuelles Gefährdungspotenzial.

Von der Theorie zur Praxis: Was haben wir erlebt bei diesem Test? Aus dem Tesla-Fond sehen wir, dass die ursprünglich grüne Anzeige erst gelb, dann rot blinkt. Zudem wird der Fahrer akustisch vor der unsichtbaren Fußgängerin/Radfahrerin gewarnt. Deren Handy warnt ebenfalls vor dem Fahrzeug. Entweder es piepst oder es vibriert. Die „X2Safe“-App soll bereits im kommenden Jahr zum Download bereit stehen. Laut Torsten Gollewski soll das System bis spätestens in drei Jahren eingesetzt werden können.

Vor etwa zwei Jahren hat ZF, mit dessen Produkten viele Verkehrsteilnehmer und Auto-interessierte Menschen immer noch den Begriff „Getriebe“ verbinden, das Unternehmen TRW Automotive übernommen. Mit Lösungen wie „X2Safe“ will man sich – so das Haus – als „globaler, integrierter Systemanbieter“ mit einem „innovativen Vernetzungskonzept für alle Verkehrsteilnehmer“ für die Zukunft aufstellen. „X2Safe“ sei nach eigenem Maßstab ein „weiterer Baustein in der Digitalisierung mechanischer Komponenten“.

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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