Jaaa, Heidi und Hudo sind wieder zusammen. Aber nicht so wirklich lange, denn Heidi hatte eine Einladung vom Ford-Oldies-Club. Sie sollte deren Ausfahrt mitmachen. Gewohnt hat sie bei Leonhard, und der wollte lieber mit einem schnelleren Auto diese Tour mitmachen.
Zum ersten Mal in ihrem Leben – wie sie selbst sagte – hat sie mal nichts gemacht. Einfach nur genießen war jetzt angesagt. Hat sich fahren lassen. Und fotografiert wie eine Weltmeisterin. Ach, es gibt ja so viele wunderschöne Motive.
Hudo kam in den ersten Tagen des Septembers in Kapstadt an und Heidi hatte schon ganz viele Termine mit ihm gemacht, unter anderem Besuch in der deutschen Botschaft, in einer deutschen Schule und bei einem Radio-Sender. Aber erst einmal zeigte sie Hudo ihr Kapstadt und die wundervolle Umgebung. Soviel gab es zu sehen! Geduldig erklärte sie es Hudo, denn Heidi war dort überall schon gewesen. Mehr als einmal hat sie sehr gestaunt, aber dass sie mitten in Kapstadt ein Stück der Berliner Mauer wiederfand, machte es sie doch ein wenig demütig: Siehst Du, Hudo, so klein ist die Welt.
Hudo durfte sogar auf der südafrikanischen Rennstrecke Killarney ein paar Ehrenrunden drehen. Doch auf der Rückfahrt hörte Heidi Hetzer ein ihr inzwischen bekanntes Geräusch: Lagerschaden. Oh shit!
Auf direktem Weg fuhr sie wieder in die Werkstatt. Da Heidi Hetzer ja schon ein paar Wochen in Kapstadt war, wusste sie auch gleich, wohin sie fahren wollte. Die Mitarbeiter dieser Oldtimer-Werkstatt waren nämlich auf Hudson spezialisiert. Aber nicht heute, denn alle Experten, die sich mit Hudsons auskannten, waren Teilnehmer bei einer Oldie-Rallye, zu der Leonhard seine Untermieterin auch eingeladen hatte.
Heidi Hetzer, die immer und in allen Situationen des Lebens sofort eine Lösung bereit hatte, entschied also stehenden Fußes, diese Oldie-Reise mitzumachen. Was hätte sie auch anders tun können?
Das Beste ist, Du kommst gleich mit uns, sagte Leonhard. Es wird eine wunderschöne Ausfahrt. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft von 30 Oldtimer-Fahrern und haben auch in diesem Jahr wieder eine besonders schöne Route ausgearbeitet.
Es war wirklich das Beste, was sie machen konnte. Zunächst einmal fuhr sie mit Leonhard in einem Mercedes 220 S. Heidi Hetzer wurde auf dieser Rallye so richtig herumgereicht, fuhr mal mit diesem, mal mit jenem mit. Als Beifahrer wohlgemerkt. Jeder wollte immer alles von ihr wissen. Und Heidi hatte wirklich eine Menge zu erzählen.
Heidi hat diese 2.000 Kilometer mit allen Sinnen in sich aufgesogen. Mit und ohne Kamera. Als Co-Pilotin hatte sie ja Zeit zum Rausschauen, sie konnte die Landschaft genießen, Flora und Fauna. Riesenschildkröten, Straußenfarmen, Affenherden, Künstler-Ateliers, Antiquitäten-Geschäfte, tolle Hotels und vor allem ganz liebe Mitfahrer.
Mitte September hat sie mal wieder ein Resümee gezogen: Afrika ist so unvorstellbar schön! schwärmte sie. Nichts von alledem, was man sich in Deutschland so vorstellt: Es gibt keine quäkenden Kinder in den Straßen, die lautstark um Geld betteln. Kein Gedränge und keine Feindseligkeiten. Kapstadt ist eine moderne Großstadt. Außerdem ist gerade Frühling und die Natur erwacht mit unendlich vielen frischen bunten Farben.
Zuerst wollte Heidi Hetzer ja nur ein paar Tage hier in Südafrika bleiben, doch daraus ist bereits mehr als ein Monat geworden. Hudo erreichte Kapstadt ja schon mit Verspätung und kam erst einmal in die besagte Hudson-Werkstatt. Zwei Holzfelgen mussten repariert werden. Und man musste nachschauen, wie ihm die lange Seereise von Südamerika nach Afrika bekommen ist.
Zurück von der Oldtimer-Ausfahrt setzte Leonhard sich als erstes zu Hause mit einem Gin Tonic an sein Pianola. Zur Entspannung. Und Heidi's erster Weg führte sie – natürlich – zu Hudo. Wie befürchtet: Es war wieder ein Lagerschaden. Das erste, fünfte und sechste Pleuel kaputt. Schon der fünfte Pleuelschaden auf ihrer Weltreise.
Auf jedem Erdteil ein Satz Pleuel, scherzte sie. Aber so richtig zum Scherzen war ihr nicht zumute. Denn auf einen sechsten Lagerschaden hatte Heidi Hetzer keine Lust mehr, und deshalb sollte es diesmal wirklich die letzte Reparatur sein. Am Öl kann es nicht liegen, denn in der ganzen Welt fahren Oldtimer mit SAE 40 – und keiner hat je Probleme damit gehabt. Man sagte ihr, dass die Kolben unterschiedlich groß seien. Im Idealfall sind alle Kolben gleich groß und gleich schwer. Doch das hat sie natürlich nicht nachgemessen…
Heidi hatte noch einen Austauschmotor in petto, und der war in Australien. Aber es dauerte, bis er in Kapstadt ankommen würde. Heidi ist sehr geduldig. War sie schon immer, aber auf dieser Weltreise hat sie notgedrungen immer wieder Geduld dazulernen müssen. Was soll's? Sie kann es eh nicht ändern. Also genießt sie die Zeit. Auch ohne Hudo.
Nicht, dass jemand das jetzt falsch versteht: Heidi und Hudo sind ein wunderbares Paar. Und sie werden zusammen bleiben, bis sie wieder in Berlin angekommen sind. Auch wenn es in der Zwischenzeit im Netz vereinzelt gutgemeinte Ratschläge gibt, mit einem moderneren Auto oder zumindest mit einem moderneren Motor weiter zu fahren. Fast alle kommen sie von daheim, vom Sofa aus, vor dem Computer sitzend. Doch erstens sieht vor Ort alles ganz anders aus und zweitens: Heidi und Hudo gehören zusammen. Weltenbummler sind genug unterwegs, aber das Besondere ist doch, dass dieses Berliner Urgestein mit ihrem Oldtimer die Welt unter die Räder nimmt. Und Heidi ist mitnichten eine Allerweltsdame, nein, sie ist etwas Besonderes. So wie auch das Duo Heidi und Hudo ein ganz Besonderes ist.
Die Kapstädter Freunde hatten schon eine Abschiedsparty für Heidi und Hudo organisiert, aber daraus wurde erst einmal nichts: So schnell werdet ihr mich nicht los!, versicherte Heidi lachend. Und sie überlegte ernsthaft, ob sie nicht hierbleiben sollte. Was hätte sie gehindert? Außer einer weiteren Reportage des NDR-Teams hatte sie keine Verpflichtungen mehr in Afrika und auch sonst keine Termine. Es ist ihr auch wurscht, wo sie Weihnachten verbringt. Aber dann kam doch das große Aber: an ihrem 80. Geburtstag wollte sie doch wieder in Berlin sein.
Bis jetzt hat sie auch noch kein Containerschiff gefunden, das sie nach Portugal bringt. Die einzige ihr bekannte Linie, die MACS-Line, fährt nämlich nach Spanien. Das heißt für Heidi Hetzer: weiter suchen. Und dann schlichen sich auch wieder die Stimmungstiefs ein. Du lieber Himmel, wie lange muss diese Frau die Gefühlsschwankungen denn noch aushalten???
Heidi war einmal mehr ziemlich niedergeschlagen. Am letzten Sonntag ist ihr der Kragen geplatzt: Alle redeten über schöne Dinge mit ihr, aber keiner sprach ihr Problem an: Wie kriegte sie Hudo wieder in Gang, dass sie weiterfahren kann? Alles Schönreden nützte ihr im Moment gar nichts.
Und was bringt es, dass Heidi Hetzer winkend auf Hudo's Motorhaube die Titelseite der Oktober-Ausgabe von Crankhandle Chronicle ziert? CC ist das Monatsmagazin des größten und aktivsten Oldtimer-Club aus Kapstadt. Immerhin, aber auch das hilft ihr nicht weiter. Ihr fehlt ein Ziel, auf das sie hinstreben kann!
Der Mensch braucht ein Ziel, und ohne Ziel fühlt man sich so hilflos, so untätig. Heidi, Heidi, hoffentlich ändert sich das bald wieder und deine wunderbare gute Laune kommt zurück.
Übrigens: Der Motor aus Australien ist inzwischen in Kapstadt angekommen, aber das heißt noch lange nicht, dass er schon aus dem Zoll raus ist…
Den nächsten Bericht lesen Sie am 31. Oktober 2016.
Text: Jutta Sein
Fotos: Heidi Hetzer