Vor wenigen Tagen fuhren die weltbesten Rallye-Piloten im äußersten Südwesten Deutschlands, in der Region Mosel/Hunsrück, bei der ADAC Rallye Deutschland um Punkte in der Weltmeisterschaft. Wir begleiteten sie in einem passenden Fahrzeug, dem neuen Ford Focus RS.
Geradeausfahren ist nicht das Ding von Rallyefahrern. Vor allen Dingen dann, wenn es spektakulär aussehen soll, aber nicht unbedingt schnell sein muss. Denn die neue Generation des Ford Focus ist, im Vergleich zum Vorgänger (der wurde nur über die Vorderräder angeschoben), nicht nur ein Allradler. Er hat auch noch ein Ausstattungsdetail mit einem Zauberwort: „Drift modus“. So sind auch nicht die reinen Daten (350 PS, 266 km/h Spitze) das Erstaunliche und Innovative an diesem Fahrzeug, das ja eigentlich „nur“ ein Ford Focus ist. Aber ein Besonderer halt.
Dabei wurde der Neue in der Szene der Kompaktklassen-Supersportler mit Skepsis aufgenommen. Focus RS mit Allradantrieb: Verdirbt so etwas nicht den „Charakter“, die Performance des Autos? Wo Haftung und Traktion auf beiden Achsen in Verbindung mit 440 Newtonmeter Drehmoment zwar einen Start á la Usain Bolt garantieren dürften, da schien der Kurvenauftritt des Super-Focus doch in Frage gestellt.
Sollten die vier angetriebenen Räder ihm – bei aller Stabilisation – nicht auch etwas vom Glanz und Gloria des kontrollierten Drifts nehmen? Doch bei der Entwicklung des neuen RS stand der Fahrspaß, die Herausforderung am Volant – wenn auch von etlichen Sicherheits-Assis begleitet – im Vordergrund des Lastenheftes. Und das wurde von den Ingenieuren prompt umgesetzt.Zusätzlich zur Haldex-Kupplung (elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung, Anm. der Red.) steuern an der Hinterachse zwei individuell geregelte Kupplungen die Kraftverteilung des Allradsystems. Daraus ergibt sich eine in der Kompaktklasse einzigartige Fahrdynamik.
Fährt man den Ford Focus RS im „Alltagsmodus“ durchaus noch mit gewohnten Untersteuerungs-Tendenzen, eines Fronttrieblers, so eröffnet ein Schalter im Mitteltunnel (Wechsel ins Sport-Programm) eine neue Erlebniswelt. Die Rückmeldung vom Lenkrad ist direkter, die Federung wird spürbar straffer. Dazu entwickelt sich eine Eigendynamik, die eher an vorsintflutliche Heckschleuder-Gewohnheiten erinnert.
Dabei bleibt es nicht. Die beiden nächsten Stufen des gepflegten Querfahrens („Track“ und vor allem der erstmals für ein Serienauto entwickelte „Driftmodus“) sprengen das Maß des Üblichen in Autos dieser Art.
Beim Driftmodus wird nicht nur die Traktionskontrolle bis gegen Null heruntergeregelt, sondern auch fast die gesamte Kraft an das äußere Hinterrad geleitet. Dann folgt der Tanz auf dem RS-Vulkan, den man bitte schön nicht auf öffentlichen Straßen vollführen sollte.
Datenblatt Ford Focus RS
Ausführung: fünftürige Schrägheck-Limousine
Länge / Breite / Höhe: 4,40 / 1,84 / 1,50 MeterLeergewicht: 1.530 kg
Antrieb: Allradantrieb
Kofferraumvolumen: 385 Liter
Motor: Frontmotor, Vierzylinder-Turbo
Leistung: 350 PS
Getriebe: manuell, Sechsgang
Beschleunigung von Null auf 100: 4,7 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 266 km/h
Kraftstoffverbrauch auf 100 Kilometer (eigene Angaben / Hersteller): 10,8 / 7,7 Liter
Preis: ab 40.000,00 Euro
Text und Bilder: Jürgen C. Braun