Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Was wären wir alle, vor allem aber wir Männer, ohne unsere (Vor)Urteile. Denn eines steht wohl unumstößlich fest: Wenn wir eines können, dann ist es (natürlich) das Autofahren. Und das in der Regel natürlich auch besser als die meisten Damen am Steuer. Ach ja, wie gesagt, der Herr erhalte uns unsere Vorurteile. Nirgendwo anders lässt es sich so entspannt ausruhen und der Welt bei ihrem Lauf zusehen.

Ja, was denn jetzt: Stimmt das alte Vorurteil von Männern als den besseren Autofahrern doch oder gibt sich unsereins, kulant und kavaliersbewusst, wie er nun einmal ist, doch eher konziliant in dieser Beziehung? Vielleicht aber sind wir doch wieder etwas zu generös mit unserem Entgegenkommen gewesen, wir Männer. Wäre doch möglich.

Zumindest dann, wenn wir mal wieder den Ergebnissen einer Studie Glauben schenken wollen. Eine taufrische Untersuchung, deren Ergebnisse zu Beginn der Woche präsentiert wurden, hat nämlich ergeben, dass Frauen rund neun Prozent mehr Kfz-Haftpflichtschäden melden als Männer. Wer diese Untersuchung in Auftrag gegeben hat? Nun, da die Mail von der Pressestelle des GDV, des Verbandes der wichtigsten Versicherer in Deutschland, stammt, dürfte der Auftraggeber wohl außer Zweifel stehen. Und das zitierte Resultat dürfte wieder Wasser auf die Mühlen der vielen Machos sein, die es natürlich immer schon gewusst haben wollen, dass (wir) Männer eben doch die besseren Autofahrer sind.

Um diese Erkenntnisse zu festigen, schickte auch ein Branchengewicht der Spezies Internet-Vergleichsportale noch eine wichtige Neuerung auf diesem Gebiet hinterher. Demnach hätten bei einer Untersuchung die Schadensmeldungen der Versicherten die Meldungen nach Bundesland, jährlicher Fahrleistung, Geschlecht und Alter analysiert. Dabei sei nicht nur heraus gekommen, welchen Geschlechtes denn nun die besseren und schlechteren Autofahrer/innen seien. Nein, man sei auch zu der Erkenntnis gekommen, dass Autofahrer aus Hamburg und Berlin die meisten Unfälle bauen. Am niedrigsten sei demnach die Unfallquote in Thüringen. Und generell liegt sie in den westlichen Bundesländern um vier Prozent höher als im Osten.

Liebe Leserinnen und Leser, wenn ich mir alle diese Zahlenspielerein ansehe und mögliche Konsequenzen daraus in Erwägung ziehe, dann komme ich zu der Erkenntnis, dass ich zu keinem unwiderlegbaren Ergebnis komme. Und das ist auch gut so. Ich habe in den mehr als vier Jahrzehnten Fahrpraxis die verschiedensten Spezies von Menschen hinter dem Steuer kennen gelernt: Alte, Junge, Frauen, Männer, Gute, Schlechte, Alleskönner, Lernwillige. Und was man noch so alles an Kategorien anführen könnte.

Aber im Traum wäre es mir nie eingefallen, irgendeine(n) Angehörige(n) einer dieser Gattungen mit einem Absolutheits-Merkmal zu belegen. Du gehörst da und da zu, also fährst Du so oder so. Gott sei Dank sind wir alle noch verschieden in unseren Einschätzungen, unseren Handlungen hinter dem Steuer. Der oder die eine vielleicht mit etwas mehr Talent oder nicht.

Nur in einem sollten wir uns nicht unterscheiden. In unserem Verantwortungsbewusstsein uns selbst und allen anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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