Beim Thema Chemie in Lebensmitteln geistern einem zunächst vermutlich Horrorvorstellungen durch den Kopf. Naja, jedenfalls fast. Antibiotika im Fleisch, Konservierungsstoffe, Farbstoffe, das Erdbeeraroma im Erdbeerjoghurt fast ohne die namensgebende Frucht und so weiter.
Richtig aber ist auch: Ohne Lebensmittelchemie hätten sogar diejenigen, die auf Biokost schwören, erhebliche Probleme. Da wäre Rohmilch zu nennen, die nahezu direkt nach dem Kauf verzehrt werden muss. Zu erinnern ist auch an die vielen Konservierungsverfahren, ohne die eine Vorratshaltung schlicht unmöglich wäre.
Georg Schwedt, selbst Chemiker, packt das Thema noch viel einfacher an. Kochen, Braten, Backen – alle Garverfahren sind chemische Prozesse. Klingt banal logisch, ist aber komplexer. Manche Gemüsesorten sind überhaupt nur gekocht genießbar, bei anderen gilt es, beim Garen den Vitaminverlust niedrig zu halten. Wie es sich damit verhält, vor allem mit dem Verlust des Vitamin C, zeigt Georg Schwedt, indem er Garvorgänge ganz wie ein Chemie-Experiment darstellt. Wie in der Schule, nur nicht schulmeisternd. Spannend auch die Frage: Wie kommt die nach dem Garen gewünschte Konsistenz zustande, etwa beim englischen Porridge (das herrlich schmecken oder fürchterlich verschandelt werden kann, also nicht schon beim Namen die Nase rümpfen…), welche Prozesse sind nötig, damit man aus denselben Zutaten entweder einen eher flüssigen oder zum Stürzen geeigneten Pudding bekommt? Letzterer macht sich zum Beispiel auf einer Geburtstagstafel sehr dekorativ.
Immer wieder streut Schwedt interessante Exkurse ein, wenn es um die Historie geht: Wie kamen wir zu den heute üblichen Verfahren, wie hat man das früher gemacht? Und natürlich fehlt nicht, was eingangs beschrieben wurde: Manche Konservierung ist schlicht notwendig, damit man nicht sein ganzes Leben mit Nahrungszubereitung verbringen muss. Ein schönes Beispiel, etwas über hundert Jahre alt, ist die Erbswurst. Getrocknete Erbsen, in eine Wurstform gepresst. Erleichtert die Zubereitung von Erbsensuppe enorm. Wer das beliebte Eintopfgericht auch nur einmal aus getrockneten Erbsen bereitet hat, weiß, wovon die Rede ist. Lust auf eine gute Erbsensuppe? Schauen Sie beim nächsten Einkauf im Supermarkt mal genauer nach. Meist liegt die Erbswurst nämlich etwas versteckt – zugunsten der dekorativer präsentierten Tütensuppen, die zudem so viel aufregendere Namen tragen können.
Georg Schwedt: Experimente rund ums Kochen, Braten, Backen. Wiley VCH Verlag; 29,90 Euro.