Über den Eurovision Song Contest, vormals Grand Prix Eurovision de la Chanson, ist besonders nach 1998 viel geschrieben worden, vor allem Chronologien, mit Anmerkungen der Autoren versehen.
Von ihnen unterscheidet sich das Buch von Mario R. Lackner und Oliver Rau durch den sorgfältigen Blick hinter die Kulissen und in die Geschichte des Wettbewerbs – der längst nicht immer das war, was der Buchtitel vorgibt. Friede? Im Siegertitel von 1982 sicher, aber bei der legendären Punkteauszählung geht es doch, seien wir ehrlich, um Konkurrenz. Die nicht immer sportlich ausfiel. Freude? Die macht der ESC zweifellos als solcher, aber nicht alle Beiträge können allen Zuschauern zur Freude gereichen. Das ist nur natürlich. Quotenbringer? Heute ja, aber das steht am Ende einer wechselvollen Entwicklung.
Und die wird hier wunderbar anschaulich aufgezeigt – vom kleinen, feinen Wettbewerb mit überschaubarem Teilnehmerfeld, die zunehmend Interessenten fand, dann aber in die Bedeutungslosigkeit glitt (meist, weil die Darbietungen am Zeitgeist vorbeirauschten), bis 1998 die Trendwende kam. Und die verdanken wir – tatsächlich – Guildo Horn, der deutschlandweit gegen seine Mitbewerber das Ticket zum ESC holte, in Birmingham eine charismatische Show lieferte und mit siebtem Platz zweifellos ein Sieger der Herzen war.
Zu Wort kommen zahlreiche Teilnehmer aus den 60 Jahren, in denen der ESC Jahr für Jahr ausgetragen wurde, Fans, aber auch die Macher. Jan Ola Sand etwa, der darauf achtet, dass am ESC-Abend alles mit rechten Dingen zugeht. Oder Jürgen Meier-Beer, der seinerzeit den deutschen Vorentscheid entstauben musste, eine undankbare Aufgabe, mit der er quasi wirklich Limonade aus Zitronen machte. Zahlreiche ESC-Teilnehmer kommen ebenfalls zu Wort, darunter Charlie McGettigan, ein irischer Überraschungssieger aus den Neunzigern, Timna Brauer, die mit einem absolut ungewöhnlichen Beitrag antrat, der Schwede Thomas G:son, der als Liedschreiber beim ESC an die Erfolgsquote von ABBA erinnert und damit an deren Triumph 1974, um nur einige zu nennen.
Wer dieses Buch liest, wird verstehen, warum der ESC entgegen immer wiederholter Prognosen tatsächlich zum Dauer-Quotenbringer wurde. Das ist nicht zuletzt ein Politikum. Und so macht der Wettbewerb selbst dem Sieger von 2014 alle Ehre – stieg er doch wie Phönix aus der Asche auf. Womit wir wieder bei einem Politikum wären: Nichts anderes ist Conchita Wurst, deren Teilnahme – erst recht der haushohe Sieg – für Fuorore sorgten und manche Zeitgenossen als intolerant entlarvten, schonungslos. Kritiker hin, Intoleranz her – am Ende hieß und heißt es: Rise Like A Phoenix!
Mario Lackner/Oliver Rau: Friede, Freude, Quotenbringer. 60 Jahre Songcontest. Edition Innsalz; 22 Euro.