Kleine Fahrzeuge, große Ziele: Mit dem neuen Einstiegsmodell Karl, dem vielfach individualisierbaren Lifestyle-Liebling ADAM und dem Klassiker unter den Kompakten, dem Corsa, will Opel den eingeschlagenen Weg der Markenkonsolidierung und des Ausbaus der Motorenpalette konsequent weiter vorantreiben. Kein Wunder, denn fast jeder dritte Opel wird inzwischen in diesem Genre an Automobilen verkauft.
Ein Auto, das deutscher nicht sein könnte (deutsches Unternehmen, deutscher männlicher Vorname) soll mit Rückenwind aus Korea Opels rationale Züge und neue Kompetenzen unter den Kleinstwagen schärfen und vor allem in wirtschaftliche Erfolge umsetzen: Denn genau dort, in Südkorea, hat der Mutterkonzern General Motors das Fahrzeug entwickelt. Dort wird der Opel Karl, der auf dem Chevrolet Spark aufbaut, fabriziert und dann nach Europa verschifft.
Und hier tritt er auf dem drittgrößten Marktsegment gegen die Konkurrenz wie etwa den Marktführer Volkswagen UP und all die vielen kleinen Importeurs-Winzlinge an. Um dort im gnadenlosen Verdrängungswettbewerb eine Chance zu haben, muss er vor allem eines können: Er muss eine praktikable, seriöse und nicht von viel Schnick-Schnack geprägte Performance für angemessenes Geld, sprich für den kleinen Geldbeutel, bieten.
Der Kunde hat die Wahl zwischen zehn Farben und drei Ausstattungslinien. Vor diesem absichtlich überschaubar gestalteten Hintergrund steht der Karl, den es nur mit einer Motorisierung (Dreizylinder Sauger, 1,0 Liter Hubraum, 75 PS) gibt, bereits ab 9.500 Euro in der Preisliste. Das macht sich marketingtechnisch natürlich gut, diese Zahl knapp unterhalb des kleinsten fünfstelligen Betrages.
Unter den 27 neuen Modellen und 17 neuen Motoren, die Rüsselsheim im vergangenen Jahr bis zum Jahr 2018 angekündigt hat, nimmt das „Vernunftauto“ Karl sicherlich eine ganz besondere Stellung ein. Sieht man einmal vom Bestseller des Hauses, dem Astra ab, dessen nächste Generation pünktlich zur IAA im September erscheinen soll. Die Opel-Strategen sprechen von einem „Produktfeuerwerk“ und einer „Erneuerung des Portfolios.“ Was in Zeiten, in denen Opel sich neu auf die Gegenwart besinnt und die Träume der glorreichen Vergangenheit erst einmal auf sich beruhen lässt, wohlfeil formuliert ist.
Die ersten Erfolge haben sich bereits eingestellt. Für den Karl liegen derzeit schon 27.000 Bestellungen europaweit vor. Das ist eine Hausnummer, auf die man stolz sein kann. Und in Deutschland, wo 20 Prozent aller Autos diesem Kleinstwagensegment angehören, soll der Karl als „komplettes Auto und echter Opel“ der Konkurrenz Beine machen. Ein Fünftürer mit fünf Sitzplätzen, 3.68 Meter lang, ausgestattet mit den üblichen aktiven und passiven Sicherheitssystemen, Assistenzsystemen und einer geschwindigkeitsabhängigen Servolenkung („Citymodus“): Damit lässt sich punkten an der knapp kalkulierenden Verbraucherfront.
Beim Vorgänger als Einstiegsmodell, dem Agila, war eine Draufgabe nicht möglich, die beim Karl jetzt optional in den höheren Ausstattungsvarianten erhältlich ist. Das System mit Namen „OnStar“ ist ein umfangreicher Online- und Service-Helfer. Es ermöglicht im digitalen Zeitalter so nützliche Angebote wie beispielsweise einen regelmäßigen Email-Kontakt, in dem der Ist-Zustand des Fahrzeuges dokumentiert ist, einen Diebstahlschutz und sogar ein mobiles Wifi.Denn auch kleine Autos müssen zur Mitte der zweiten Dekade des neuen Jahrhunderts weitaus mehr können als nur preisgünstig, sicher, einigermaßen komfortabel und frei von „technischer Hexerei“ für den Alltagsgebrauch sein. Aber Begriffe wie Apple Carplay oder Android Auto sind ja längst kein Neuland mehr. Auch wenn das in Berlin die eine oder andere Person vielleicht etwas differenzierter sieht.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun