Erste Erfahrungen: Audi Q7

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Die wunderschöne Landschaft, nur einen Steinwurf vom Nordufer des Genfer Sees entfernt, ist mir nicht unbekannt. Das Automobil, mit dem ich sie durchquere, dagegen schon. „Le Coeur du Valais“ – „Das Herz des Wallis“ prangt es in dicken, den möglichen Besucher willkommen heißenden Lettern von den Plakaten entlang der Autoroute du Rhone valais. Die Planer großer Rad-Rundfahrten in Frankreich und der Schweiz schreiben die mörderischen Anstiege und die halsbrecherischen Abfahrten in diesem eidgenössischen Garten Eden in schöner Regelmäßigkeit ins Streckenprofil des Sattel-Martyriums.
Uns ergeht es da bei weitem sicherer, komfortabler, aber nicht minder erwartungsvoller. In Sion, dem Tor zum Wallis, haben wir die Erstlingsausgabe des neuen Audi Q7, des Ingolstädter Flaggschiffs der SUV-Serie, in Empfang genommen. Unser Ziel: Verbier, in den Wintermonaten der Puls des puderweißen alpinen Jet-Jets. In der Vakanz eher ruhiger, beschaulicher, wenn nicht gar verlassener Rückzugsort der verbliebenen Einheimischen.

Hinter Martigny geht es hinauf, eine elend lange Serpentinen-Anfahrt. Ein Spitzkehren-Gewitter in Richtung Gipfel. „Hey“, frage ich meinen Kollegen, „sitzen wir wirklich in einem knapp zwei Tonnen schweren und gut fünf Meter langen Auto, das eigentlich die Bezeichnung Geländewagen trägt?“ Der neue Q7 fährt sich – vor allem vor dem Hintergrund, dass es sich eben nicht um eine Limousine oder ein Sportcoupé handelt – mit einer geradezu spielerischen Leichtigkeit und veritabler SUV-Grandezza durch das Asphalt-Geschlängel. Was wir nicht als Solches empfänden, wenn uns der Vorgänger und damit auch dessen Verhaltensweisen nicht als Vergleichs-Parameter diente.

Warum, so fragen wir uns, empfinden wir das so? Eben noch auf der Autobahn-Anfahrt wähnen wir uns angesichts eines ausgleichenden, komfortablen Fahrwerks, nicht zu spürenden Rollwiderstandes und optimaler Geräuschdämmung des Innenraums eher in der Kanzlerinnen-Limousine als in einem Gelände-gängigen Familien-Fahrzeug. Und jetzt, im sich langsam steigernden voralpinen Höhenrausch, entpuppt sich der vermeintlich sperrige Dreck- und Hügelfresser als die Stretch-Ausgabe der neuen TT-Generation.
Der Q7 heißt zwar noch so, aber außer dem Namen ist ihm nicht viel geblieben: 300 Kilo leichter ist der Riesen-Audi geworden. Karosserie, Achsen, Motorblock, Interieur: Alles wurde auf den Prüfstand gestellt, um jedes Kilo wurde gerungen. Doch die Gewichts-Reduktion alleine führt nicht zu einem solchen Fahrverhalten. Eine aktiv mitlenkende Hinterachse, ein Individual-Programm, das beispielsweise die Luftfederung an die gewünschten Werte adaptiert, macht aus der auch optisch proportionierter gewordenen „Wuchtbrumme“ mit den vier Ringen einen gefühlten Autoscooter. Allerdings: Beides sind optionale Ausstattungsdetails. Die Allradlenkung kostet 1.150 Euro und die Luftfederung 2.050 Euro Aufpreis.
28 Prozent weniger an Sprit, so hat uns Audi gesagt, genehmige sich der neue Q7 als Effizienz-Ergebnis all dieser Maßnahmen. Womit wir bei den Antriebsaggregaten wären. Zwei 3.0 Liter große V6-Diesel mit 218 und 272 PS – davon Letzterer mit einem bärenstarken Drehmoment von 600 Newtonmetern – entstammen der Fraktion der Selbstzünder. Dazu kommt ein ebenfalls drei Liter großer, direkt einspritzender Benziner mit 333 PS. In allen Fällen sorgt eine Achtgang-Automatik für die ebenso butterweiche wie effiziente Kraftübertragung.

Ein geradezu wundersames Klassenzimmer voller Heinzelmännchen aus der Welt der elektronischen Helferlein ist die Palette der Assistenzsysteme, die Audi dem neuen Q7 einverleibt hat. Beim Querverkehrs-Assistenten decken Sensoren den Bereich hinter dem Auto ab. Droht, etwa beim Ausparken, Kollisionsgefahr, gibt es zunächst eine Warnung und – sollte das nicht ausreichen – auch einen leichten korrigierenden Bremseingriff. Ein Anhänger-Assistent wird alle jene freuen, die ihren Bootstrailer oder ihren Pferd-Transporter dem Q7 anvertraut haben.
Der Abstandsregel-Tempomat mit Stau-Assistent hält nicht nur die (einstellbare) Distanz zum Vordermann. Selbstständige Lenkimpulse sorgen sogar dafür, dass die Spur gehalten wird. Zudem erteilt das Fahrzeug dem Fahrer nach einer gewissen Zeit der persönlichen Untätigkeit am Lenkrad einen Hinweis, dass es Zeit werde, das Steuer wieder zu übernehmen. Kein Wunder, wenn der technische Projektleiter Steffen Scheunemann mit sichtlichem Stolz sagt, der neue Q7 sei für Audi „die Vorstufe zum autonomen fahren.“
Zudem glänzen die Ingolstädter mit dem sogenannten prädiktiven Effizienz-Assistenten. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich eine Art vorausschauender Navigation und Hilfestellung. Dieser kluge Kopf im Auto erkennt anhand der Topographie (Steigungen, Gefälle, Straßenverlauf), dass das Beschleunigen, ja sogar das bloße Beibehalten der Geschwindigkeit reine Spritverschwendung wäre. Das Hirn im Auto fordert also das Hirn im Fahrer auf: Nimm den Fuß vom Gas: Du klaust Dir sonst Dein eigenes Geld.

Was bleibt uns also, außer noch zu sagen, dass der Einstiegspreis des ab Juni lieferbaren neuen Audi Q7 bei 60.900 Euro liegt. Für diese Summe allerdings werden ihn sich die wenigsten Auto- und Audi-Enthusiasten bestellen. Schließen wir uns also mit dem nicht ganz unkritischen Schriftsteller-Geist Aldous Huxley an, der schon vor mehr als 80 Jahren festhielt: „Willkommen, schöne neue (Auto)-Welt …“

Text und Fotos: Jürgen C. Braun

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