Buchtipp – Jojo Moyes: Weit weg und ganz nah

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Jess und Nathalie gingen seit beinahe vier Jahren zusammen putzen, seit der Zeit, als der Ferienpark Beachfront noch teils unberührtes Paradies, teils Baugelände gewesen war. Damals hatten die Investoren den Einwohnern des benachbarten Küstenstädtchens versprochen, dass sie den Swimmingpool des Ferienparks nutzen dürften, und ihnen hoch und heilig versichert, so ein exklusives Bauprojekt würde ihrer Kleinstadt viele Vorteile bringen und ihr keineswegs die letzte Lebensenergieabsaugen.

Auf ihrem kleinen weißen Transporter stand der etwas langweilige Firmenname «Benson & Thomas Reinigungsservice». Nathalie hatte mit einer Schablone daruntergeschrieben: «Geht’s bei Ihnen dreckig zu? Dann nehmen Sie unsere Dienste in Anspruch!» Nach zwei Monaten hatte Jess sie allerdingsdarauf hinweisen müssen, dass die Hälfte der Anrufe, die sie erhielten, nicht das Geringste mit Putzaufträgen zu tun hatte.

Inzwischen arbeiteten sie fast nur noch in Beachfront. Kaum jemand in der Stadt hatte das Geld – oder wäre überhaupt auf die Idee gekommen, eine Putzfrau anzustellen, abgesehen von einigen Ärzten, Anwälten oder vereinzelten Kunden wie Mrs. Humphrey, die mit ihrer Arthritis nicht mehr selbst putzenkonnte.

Die Welt, in die uns Jojo Moyes führt, ist nicht die, in der Menschen mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurden. Eine alleinerziehende Mutter, die ihre Familie durchbringen und ihren Kindern mehr als ein Mal etwas durchaus Sinnvolles schlicht aus Geldmangel versagen muss. Ein Job, in dem sich nicht die Frage stellt, ob er Freude macht. Es muss Geld ins Haus.

Und doch kommt es anders, fällt jemand plötzlich in eine andere Welt, in der Menschen besser da stehen. Heißt das nun: Vom Aschenputtel zur Prinzessin? Nicht unbedingt. Wenn das gut ausgeht, dann mögen die prägenden Erfahrungen in harter Realität ihren Teil dazu beigetragen haben.

Jojo Moyes: Weit weg und ganz nah. Rowohlt Verlag; 14,99 Euro.

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