Buchtipp – Schwinghammer: Der neue Taschen-Knigge

Beitragsbild
Foto 1

Hat da jemand alte Zöpfe ausgegraben? Im Glossar finden sich Stichworte wie Beileidsbesuch, Pflichttanz und Geschäftsanzug. Ach du liebes Bisschen! Haben wir das nicht alles spätestens seit der 68er-Revolution hinter uns gelassen? Sie wissen schon: Unter den Talaren der Muff von tausend Jahren und so.

Nee. Haben wir nicht. Und es ist gut, dass uns solche Bücher das immer wieder vor Augen führen. Die entscheidende Frage bei einer Regel in Sachen Höflichkeit lautet: Will ich mich durch ihre Befolgung nur persönlich aufwerten (vulgo: als fein gelten) – oder macht die Befolgung dieser Regel schlichtweg das Miteinander angenehmer? Ersteres darf man getrost als überkommen, um nicht zu sagen albern ablehnen, letzteres ist absolut sinnvoll. Und gar nicht so einfach.

Dabei geht es Herbert Schwinghammer nicht nur um die Tücken im Detail, beim Essen in Gesellschaft, am ersten Arbeitstag im noch fremden Umfeld etwa, er widmet sich auch sehr sensiblen Themen wie diskriminierendem Sprachgebrauch, Kunst- oder Fehlgriff im Smalltalk und anderen. Er spart nicht mit prägnanten Beispielen und macht deutlich: Eine Gesellschaft mag freier und ungezwungener werden, die Totalabschaffung von Regeln im Miteinander bringt das nicht mit sich. Zum Beispiel: Wer noch vor Jahrzehnten unverheiratet war, galt als alleinstehend und wurde als Einzelperson eingeladen. Wer sich heute für eine Partnerschaft ohne Ehe entscheidet, wird unhöflich behandelt, wenn Partner oder Partnerin nicht mit eingeladen werden.

Es lohnt sich, dieses Büchlein zu lesen, nicht nur am Stück, sondern auch per Nachschlagen gezielter Begriffe. Vielleicht hat man sich irgendwann mal daneben benommen, ohne das zu wissen? Nach der Lektüre ist man auf jeden Fall noch parkettsicherer als vorher. Und das ist auch eine Form innerer Freiheit, weil man auf die Anspannung in ungewohnter Situation verzichten darf. Übrigens: Ein Extrakapitel gilt den heiklen elektronischen Kommunikationsformen inklusive der sozialen Netzwerke. Die sind alles andere als ein regelfreier anonymer Raum, in dem nach Herzenslust losgelegt werden darf.

Herbert Schwinghammer. Der neue Taschen-Knigge. Gute Umgangsformen in jeder Lebenslage. Mankau Verlag; 9,95 Euro.

Scroll to Top