Im Laufe der letzten beiden Jahre fuhren wir mehrere Varianten des Amarok: mit ausschließlichem Hinterradantrieb und in der 4Motion-Variante, als Single Cab und als Double Cab. Und auch beide Motoren. Der Amarok hatte seine Feuertaufe anlässlich der Dakar-Rallye in Argentinien 2010 in mehreren Dutzend Exemplaren hinter sich gebracht, als Presse- und Orga-Begleitfahrzeug, vom Outdoor- und Allradexperten Peter Seikel extra für VW umgebaut. Da gab es nicht immer nur erfreute Gesichter, weil die Härte, selbst der Nebenstrecken, dem Motor und dem Getriebe nicht immer gut getan haben. Schwamm drüber. Sicher ist, dass bestimmte Erkenntnisse von der Dakar irgendwie auch den Zugang in das Gesamtkonstrukt Amarok gefunden haben.
Der VW Amarok erblickte als letzter Pickup der großen Automobilhersteller das Licht der Welt. Da war der globale Markt im Prinzip bereits ausreichend bestückt und aufgeteilt. Dass VW dennoch den Amarok in den Markt stellte, zeugt von Mut und Produktüberzeugung. Dass es aber schlussendlich nur zu einem Fahrzeug reichte, das neben einer neu konzipierten Karosserie nahezu ausschließlich aus Produkten der VW-Serienfahrzeuge zusammen gebaut wird, ist nicht unbedingt originell, wird sich aber wirtschaftlich rechnen. Der Pickup von VW-Nutzfahrzeuge wird mit Hinterachsantrieb oder mit dem VW-eigenen 4Motion-Allradsystem geliefert, das den Antrieb von 2 auf vier Räder regelt. Während die leibhaftige und weltweite Konkurrenz (Ford, Isuzu, Mazda, Mitsubishi, Nissan und Toyota) nahezu ausschließlich 4-Zylinder-Dieselmotoren mit 2,5 Litern Hubraum offeriert, begnügt sich VW mit einem 2-Liter-Dieselmotörchen. Die vom Hersteller publizierten Drehmomentwerte von 340 Newtonmetern für den 103-kW-Motor und 420 Nm für den 132 kW-Motor sind mit Sicherheit Laborwerte, die im 1. Gang und in Verbindung mit dem teuren 4Motion-Allradsystem unter sehr freundlichen äußeren Bedingungen an einem Leistungsprüfstand zustande gekommen sind. Anders können wir uns nicht erklären, warum wir öfters das Triebwerk schon in leichterem Gelände abgewürgt haben – genauer: so häufig wie bei keinem anderen Pickup zuvor. Und diese Erfahrungen prädestinieren den Amarok eben eher zum Fahrzeug für Hobby und Freizeit mit ausgeprägter Zurückhaltung bei Geländeeinsätzen. VW bietet seinen Pickup auch nur als Single Cab und als Double Cab an, ein 1,5-Kabiner, wie bei der Konkurrenz, ist nicht im Angebot. Trotz aller elektronischen Helferlein muss der Amarok doch zugeben, dass es ihm einfach an Hubraum fehlt, wenn es um die Ausnutzung des höchstzulässigen Gesamtgewichts geht. Wenn da nun auch noch ein Anhänger an den Haken genommen wird, der bis maximal 3200 Kilogramm aufbringen darf, kann das ganze sehr zum Abenteuer werden.
Andererseits: VW verwendet außer der Neukreation der Karosserie nahezu durchweg Teile und Komponenten aus dem übrigen Pkw-Regal. Das rechnet sich eher und einfacher. Die Qualität innen und außen ist einwandfrei, die Kabine wohnlich und mit nicht billigen Materialien bestückt. Sitzposition für Fahrer und Passagiere: gut und großzügig. Das Fahrwerk ist das beste, das wir im Vergleich mit den übrigen 6 Marken gefahren haben: Wo es straff sein soll, ist es auch straff, und auf längeren Onroad- Etappen darf die Fahrwerksabstimmung durchweg gelobt werden. Der Amarok ist beliebt bei deutschen Institutionen und Behörden, die die große Variabilität der Umbaumöglichkeiten loben: Feuerwehr und Bergwacht beispielsweise setzen den Amarok gerne ein, der sich auch preiswert in den Betriebskosten geriert. Der Kaufinteressent kann sich aus 36 Modellen bedienen und sich mit mehreren Seiten Sonderzubehör seinen Amarok selbst konfigurieren. Auch da bietet der Pickup eine konkurrenzlose Vielfalt.
Nur eines fehlt ihm immer noch: eben ein hubraumstärkerer Diesel und eine echte Geländereduktion. Da mauert VW ziemlich, aus welchen Gründen auch immer. Denn für Großbaustellen mit ganz tiefen Löchern, für den anspruchsvollen Freizeit- Offroader oder für den Waidmann im tiefen Tann taugt der Amarok wirklich nur bedingt. Ein manuelles 6-Gang- Getriebe ist ebenso zu bekommen wie eine 8-Gang-Automatik. Der Einstieg in den Amarok erkaufen wir uns ab 24.317 Euro, gehen bis 41.465.- Euro und haben, dank einer langen Sonderausstattungsliste, die Möglichkeit, diesen Pickup bis knapp an die 60.000-Euro-Grenze aus zu staffieren.
Im Pickup-Vergleich II-2013 wird er sich am Schluss mit dem Nissan Navara und dem Ford Ranger messen lassen müssen. (Einzel-Berichte auf www.kues.de vom 26.02.2013 und 18.04.2013)
Test, Text und Fotos:Frank Nüssel/CineMot