Diesel-Motoren galten lange Zeit als träge, laut und hatten ein „Stinker-Image.“ Doch dieses Vorurteil ist seit langem widerlegt. Der Selbstzünder ist längst raus aus der mit schwarzen Wolken verhangenen Schmuddel-Ecke. Der Filter hat ihn nicht nur salonfähig gemacht, sondern auch gesundheitliche Bedenken wegen der Rußpartikel eingedämmt. Das zeigt unser heutiger Fahrbericht mit dem BMW M 550 d x-drive.Dank ständiger technischer Verbesserungen in allen Bereichen der Diesel-Technologie sind Ottomotor und Selbstzünder da mittlerweile auf Augenhöhe. Schon vor mehr als 20 Jahren hat ein BMW mit Dieselmotor das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring gewonnen, in Le Mans liefern sich die „Ölbrenner“ von Audi und Peugeot seit Jahren einen atemberaubenden Kampf um den Gesamtsieg.
Dass es so weit gekommen ist, ist auch vor allem der wiederholten Aufladung der selbst zündenden Triebwerke zu verdanken. Zu was das führt, dafür liefert unser aktueller Testwagen ein beredtes Beispiel. Denn insgesamt drei Turbolader machen den BMW M550d mit dem Haus-eigenen Allradsystem x-Drive zum stärksten Sechszylinder-Diesel der Welt.Mit 381 PS spricht die Bayern-Limousine zwar nicht der wiederholt geforderten Abschaffung des Sechszylinder-Saugermotors das Wort. Das Fahrzeug ist jedoch ein Beweis dafür, dass schiere Kraft aus einem mehrfach aufgeladenen Turbo-Triebwerk keinen übermäßigem Verbrauch, exorbitant hohe CO2-Emissionen oder gar mangelhafte Fahrkultur zur Folge haben muss. Die 740 Newtonmeter Drehmoment toppen sogar den BMW M5, das Top-Modell mit Benzinmotor. Schon alleine deshalb braucht der 1,9 t schwere Bayern-Bomber nur 4,7 Sekunden auf Tempo 100 und regelt erst bei 250 km/h ab.
Die eigentliche Sensation gibt es jedoch unter der Haube der Limousine statt. Drei raffiniert aufeinander abgestimmte Lader garantieren fortwährendes Ansprechverhalten des (übrigens auch in den BMW 535d implantieren) Sechszylinders. Hier beginnt die Arbeit der Motorsport-Abteilung des Hauses BMW, der M-GmbH, die eine funktionierende Lader-Sinfonie entwickelt hat. Mit Leerlaufdrehzahl nimmt ein kompakter, leichter Turbo die Versorgung der Brennräume mit Luft in Angriff. Sind 1.500 Umdrehungen pro Minute erreicht, wird ein Verdichter hinzugeschaltet, der den Staffelstab bis 2.700/min übernimmt. Dann kommt ein weiterer Schub aus dem dritten Lader hinzu. Diesen fortwährenden monumentalen Kraftfluss ohne Unterbrechung durch die einstmals so gefürchteten „Turbolöcher“ zu gewährleisten, ist der eigentliche Clou des dreifach geladenen Sechszylinder-Diesels.
Probleme, diese schier unbändige Kraft auf die Straße zu bringen, hat die schwere Limousine nicht. Wir konnten uns über mangelnde winterliche Straßenverhältnisse als Fahrbedingungen keineswegs beklagen. Doch weder Schnee, Eis oder ein Gemisch aus Regen, Matsch und ähnlicher „Asphalt-Sauce“ setzten die Traktion dank x-drive-Technik außer Kraft. Der Viertürer zieht nicht nur auf der freien Motorway, sondern auch aus engem Kurven-Labyrinth unbeirrt seine Bahnen. Die Achtgang-Automatik arbeitet punktgenau, kraftvoll und dennoch seidenweich. Je mehr an Drehmoment (bis zu einem für einen Diesel ungewöhnlich hohen Wert von 5400 U/min) anliegt, umso größer wird der Spaßfaktor.
Um auf die eingangs erwähnten Attribute eines Diesel-Triebwerks als Dreckschleuder zu kommen, sein in diesem Falle angemerkt: Im Gegensetz zu „aufgemotzten“ Benzinern muss sich der Besitzer einer solchen Diesel-Trilogie nicht einmal als Umweltsündern abstempeln lassen. Der CO2-Ausstoß für die fast 400 PS schwere Geschäfts- und Reiselimousine wurde auf 165 g/km eingedampft. Außerdem erfüllt der Motor bereits heute die Schadstoffnorm Euro 6. Ein optischer Hingucker ist der BMW 550d x-drive übrigens ganz bewusst nicht. Der Kraftprotz übt sich mit subtilen Modifikationen in Understatement. Dazu gehören Anbauteile aus dem M-Sport-Paket, 19-Zoll-Felgen und Auspuffblenden aus dem 550i. Exklusiv sind lediglich die vorderen Lufteinlässe und die Lackierung der Außenspiegel. Geschwindigkeit, Tempobegrenzungen, oder Reichweite werden in die Windschutzscheibe gespiegelt.
Der BMW M 550 d x-drive mit dem 381 PS starken, drei Liter großen Reihen-Sechszylinder kostet ab 80.800 Euro. Zum Verbrauch folgendes: Ein Selbstversuch, uns in selbst auferlegter Zurückhaltung und Bescheidenheit zu üben, um zu sehen, was an Kraftstoff-Minimierung möglich ist, ergab laut Bordcomputer 6,8 Liter pro 100 Kilometer für eine Strecke von insgesamt etwa 500 Kilometern. Das aber schadet nun wirklich der Fahrfreude. Und die – so wollen es sogar die Marketingstrategen bei BMW – soll ja nun weiß Gott nicht mit einem Fahrzeug des Herstellers leiden. Dafür braucht es nicht einmal fast 400 Diesel-„Pferde“ unter der Haube.
Text und Fotos: Jürgen C. Braun